SY Outer Rim – A Family's Sailing Adventure

Sailing across the world's oceans with four kids

Ankern Lernen in Neukaledonien

(15.10.2017 – Tag 1.211 – 24.397 sm)

Gleich an unserem ersten Morgen zurück in Port Vila versuchen wir die Reparatur unseres Motors zu organisieren. Ein Mechaniker kommt an Bord, hört sich die Geschichte an. Seine Vermutung ist, die Kupplungsplatte sei kaputt. Er schätzt, dass die Reparatur mindestens einen Monat dauern würde, da die Ersatzteile erst aus Australien eingeflogen werden müssen. Wir wissen schon aus der eigenen Erfahrung, dass die Uhren auf den tropischen Inseln viel langsamer ticken als sonst wo. Aus einem Monat können dann schnell drei werden. So lange wollen wir nicht warten. Auch wollen wir nicht ein paar Wochen in Port Vila liegen. So spannend ist es hier auch wieder nicht.

Also müssen wir unsere Pläne wieder anpassen. Thomas würde gerne direkt nach Sydney segeln. Er vermutet, dass auch in Noumea eine Reparatur nicht möglich sein wird. Natalya möchte die wettertechnisch nicht unbedingt einfachste Strecke – immerhin 1.500 Meilen – nach Australien nicht ohne Motor segeln. Sie hat noch die Hoffnung, die Segelinfrastruktur in dem zu Frankreich gehörenden Neukaledonien sei besser als sonst wo im Südpazifik.

Die letzten Vorbereitungen laufen. Thomas flickt eine aufgegangene Naht im Großsegel. Wir wollen das Segel nicht abnehmen und daher baumelt Thomas für Stunden im Klettergeschirr hin und her und versucht, mit unserer letzten Segelnadel das Segel instand zu setzen. Natalya und die Kinder kaufen frisches Obst und Gemüse auf dem Markt. In der Nähe des Marktes finden wir hinter einem unscheinbaren Eingang einen hervorragenden Souvenirladen mit authentischen Schnitzereien in der guten Qualität: kein Vergleich zu dem Ramsch, der sonst wo für die Kreuzfahrtschifftouristen angeboten wird. Die Verkäuferin kennt sich mit australischen und neuseeländischen Importregeln aus und bietet uns an, ein Zertifikat über die Ausräucherung zu besorgen. Die Ausräucherung und Ausstellung der Papiere würde ein-zwei Tage in Anspruch nehmen. So lange wollen wir hier nicht bleiben, daher kaufen wir nur Stein- und Holzarbeiten, die auch ohne Zertifikat importiert werden dürfen. Mit mehr Zeit hätten wir eine der prächtigen rituellen Masken mitnehmen können.

Während Thomas sich mit den Ausklarierungs-Formalitäten beschäftigt, verbringen unsere Kinder die Zeit am Spielplatz. Wie jeden Nachmittag ist er auch heute randvoll. Neben vielen dunkelhäutigen sind auch einige weiße Kinder da, die hier auch permanent wohnen. Während die lokalen Kinder zurückhaltend und respektvoll mit den anderen umgehen, zeigen die Weißen durch Schubsen und Drängeln, dass sie stolze Mitglieder der Ellenbogengesellschaft sind.

Wir planen die Abfahrt für morgen früh, sind jetzt aber so vom Wind abhängig wie in den Zeiten von Columbus. Passt die Stärke und/oder die Richtung nicht, müssen wir im Hafen bleiben. Am nächsten Morgen ist der Wind wie erwartet mau aber kommt aus der richtigen Richtung. Es reicht gerade so, um das Schiff manövrierfähig zu halten. Während der hoch zu holende Anker noch durch Wasser pflügt, gehen schon die Segeln hoch. Hinter uns liegt ein größerer Frachter. Es bleibt nicht viel Platz, um Fahrt aufzunehmen, die Manövrierfähigkeit unseres Schiffes zu erreichen und an dem Schiff vorbei zu kommen. Aber unsere Crew ist eingespielt genug, um dieses erste Manöver gut zu absolvieren.

Nachdem wir die enge betonte Hafeneinfahrt passieren, lassen wir auch den Stress hinter uns. Wir verlassen Vanuatu bei leichtem Wind und strahlend blauem Himmel. Zwar haben wir später ordentlich Schräglage da wir hart am Wind segeln, um die Loyalty Islands im Osten zu passieren. Außerdem müssen wir etwas Geschwindigkeit machen, damit wir die Inseln noch bei Tageslicht passieren können. Wenigstens ist die Welle kein Problem. Im Lee der Inseln von Vanuatu sind wir vor größeren Wellen geschützt.

Wir passieren die niedrigen, von Palmen gesäumten Insel der Loyalty-Gruppe wie geplant bei Tag bis zum Abend. Auf dem weiteren Weg bis zur Einfahrt ins Saumriff gibt es kein Land mehr im Weg. Doch als der Skipper mit Einbruch der Dunkelheit das ganze Meer an Lichtern rund herum sieht, weiß er, dass diese Nacht wohl keinen Schlaf für ihn verspricht. Thomas muss auf meilenlange Stellnetze achten. Die Zivilisation hat aber auch ihre Vorteile: die Einfahrt in das Saumriff von Neukaledonien ist einwandfrei betont und befeuert. Wann hatten wir das letzte Mal so einen Luxus?

In der gut kartographierten Lagune, deren Tiefe meist 30 Meter nicht übersteigt, fühlen wir uns relativ sicher. Sollte der Wind verschwinden, werfen wir halt Anker dort wo wir gerade eben sind. Auf dem Weg nach Nouma müssen wir durch einen langen Kanal zwischen zwei Inseln durch. Bevor Thomas dort hinein fährt, erkundigt er sich per Funk bei anderen sich schon im Kanal befindlichen Seglern, wie die Windsituation dort ist. Mit leichtem Rückenwind kommen wir zwar ziemlich langsam vorwärts, aber wir sind schon froh, dass wir nicht durch die Engstelle kreuzen müssen. Als wir Il Metre passieren, sind wir geschockt, vor der Anzahl der Masten, die vor dieser klitzekleinen Insel hängen. Es gibt nicht genug Platz für alle. Manche ankern im Luv der Insel.

Jetzt kommt noch der schwierigste Teil dieser Etappe. Wir erreichen den Hafen von Noumea gegen Mittag. Genau zu dieser Zeit frischt der Wind wohl meist auf. Unsere Freunde von SY Tikka warnen uns schon per Funk, dass gut 25 Knoten Wind gemeldet sind. Tatsächlich messen wir 20 bis 25 Knoten aus SSE, also genau aus der Richtung, gegen die wir in den Hafen müssen. Ok, nicht gerade perfekte Bedingungen, um unter Segel in einen engen Hafen zu fahren. Aber wir haben keine Alternative.

An der Hafeneinfahrt wechseln wir von Genua auf Selbstwendefock und lassen auch etwas Groß stehen. Wie froh sind wir über dieses Segel! Wir kreuzen durch die 300-400 m breite Einfahrt. Immer in Sichtweite der Riffe an beiden Seiten … „Achtung Wende … Ree!“. Im Hafenbecken ist etwas mehr Platz, aber immer noch Wind von knapp 25 Knoten. Da ist die Abdrift nicht unerheblich, gerade wenn man versucht langsam zu segeln, knapp vor Strömungsabriss am Vorsegel. Und immer wieder der Blick auf die Riffkante im Süden, von der wir uns nur langsam wegarbeiten. Unser Ziel ist das Ankerfeld in der Orphelinat Bucht.

Mühsam arbeiten wir uns Schlag für Schlag in die Bucht hinein. Der Hafen ist rappel voll, Hunderte von Booten liegen an den Mooringbojen und vor Anker. Ohne Motor können wir nicht irgendwo in einem Mooringfeld nach einem freien Platz suchen. Dazu stehen die Boote zu eng und wir sind zu groß. Wenn da was passiert, kann man keiner Versicherung übel nehmen, wenn uns grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen wird. Also bleibt uns nur übrig, außen am Rand des Ankerfelds einen Platz zu suchen. Wir führen mehrere Kreuzschläge aus bis zum Ende des Ankerfelds und fahren einen Aufschießer direkt neben einem anderen Boot und hinter einem Katamaran. Im Gegensatz zu einer Jolle hat unser Schiff etwas mehr Masse, und ist selbst bei dem Wind nicht so leicht zum Stoppen zu bringen. Nur gut dass unsere Nachbarn von dem direkt vor uns liegendem Katamaran nicht zuhause sind. Es fehlt nicht viel und wir hätten auf ihre Badeplattform springen können. Das muss ein irre Gefühl sein, wenn auf dich im Hafen ein 18 Meter Schiff unter vollen Segeln in Fahrt zukommt.

Der Anker fällt während der Rückwärtsdrift, die Segel schlagen im Wind. Vsevolod, der auf dem Vordeck liegend die Kettensperre offen hält, muss sich ganz dünn machen, um nicht von der Fock getroffen zu werden. Der Anker sitzt und wir können die Segel einholen. Puhh, geschafft. Unsere Freunde berichten uns später, dass sie und einige anderen mit Neugier und Spannung beobachtet haben, was da wohl für ein sportliches Team bei diesen Bedingungen unter Segeln ankert?… Beim ganzen Glück über das sichere Ankommen kommt nur ein „kleines“ neues Problem dazu: wir liegen außerhalb der erlaubten Ankerzone. Damit werden wir in den nächsten Tagen sicher noch viel Spaß haben. Aber so leicht kommen wir hier nicht wieder weg.

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Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 15. Oktober 2017 von in Uncategorized.
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