(24.07.2017 – Tag 1.128 – 22.367 sm)
Wir genießen ruhiges und sonniges Wetter mit konstanten Passatwinden auf den Ha’apais. Immer wieder testen wir unterschiedliche Strände an kleinen unbewohnten Inseln. Bei Tofanga, einer relativ flachen Insel, liegen wir vor dem Wind nicht wirklich geschützt, dafür kommen wir so nah an den Strand, dass die Welle kein Problem darstellt. Für einige Tage gehört uns die Insel ganz alleine.
Die Kinder bewaffnen sich mit Schnitzmessern und bauen im Windschatten der Kokospalmen aus jungen Blätter ihre Behausungen. Mit der Hilfe unserer Großen errichten auch die Kleinen ein eigenes Tipi um einen kleinen Dorfplatz herum. Aus einem ertönt ein Hilfeschrei: „Kakerlaken!“ Natalya schaut rein und trägt das Blatt mit den unerwünschten Gästen ins Wasser. Nach einigen Minuten spült die Brandung keine tote sondern eine saubere Kakerlake ans Ufer. Bevor Natalya ein wissenschaftliches Experiment durchführen kann, um zu bestimmen wie viel Zeit diese Insekten brauchen, um im Salzwasser zu ersaufen, kommt der Proband mit dem Leben davon und lässt sich nicht wieder auffinden. Wir überdenken unser Maßnahmen bezüglich des Waschens von frisch eingekauftem Obst und Gemüse. Offensichtlich reicht kurzes Eintauchen in die Pütz nur um die Insekten zu waschen nicht aber um sie zu töten.
Während die Kinder in den nächsten zwei Tagen in ihrem Dorf spielen, bekommen die Eltern ein wenig Freizeit, um am Strand spazieren zu gehen. Natalya ist wie immer auf der Suche nach besonders schönen Muscheln, Thomas jagt mit seiner Kamera seltene Vögel. Als der Himmel sich verfinstert, leuchten das türkisfarbene Wasser an der offenen Seite des Riffes und der weiße Sandstrand besonders intensiv. Als nach drei Tagen die Insel mehrmals umrundet, der Strand intensiv durchsucht worden ist und alle Vögel ein persönliches Porträt bekommen haben, stimmen alle Crewmitglieder zu, dass wir uns einen neuen Strand suchen.
O’Ua, eine größere Insel im Südwesten des Ha’apai-Archipels, die von einem Labyrinth aus Riffen umgeben ist, wird im Revierführer als ein mögliches Versteck vor einem Zyklon beschrieben. Eine enge, verwinkelte Passage führt durch die Riffe im Süden in eine flache von allen Seiten geschützte Lagune. Nun, die Perspektive hier mitten in dem Riffwirrwarr starke Winde aushalten zu müssen ist alles andere als verlockend. Die Riffe würden bestimmt die Welle um einiges abbremsen, aber nach Westen hin gibt es gar keinen Windschutz, und dies mit den Korallen nicht nur im Lee, sondern zu allen Himmelsrichtungen. Die sanften Hügel um Neiafu bieten sicherlich bessere Bedingungen bei Starkwind.
Zum Glück müssen wir uns um die Westwinde keine Gedanken machen, der Passat bläst aus Nordost. Daher versuchen wir es gar nicht, den Eingang in die Lagune zu finden. Unsere elektronische Karte zeigt in dem Riff gar keine Öffnung, und die ganzen Markierungsstangen sind von dem letzten Zyklon weggefegt worden. Wir ankern im Lee der kleinen, O’Ua vorgelagerten Insel Beabea. Da diese Insel recht felsig ist landen wir auf Fakahigu gleich nebenan an. Im Gegensatz zu Tofanga ist diese Insel dschungelartig bewachsen. Mit Schlappen und kurzen Hosen kommt man nicht ins Inselinnere. In den Bäumen zwitschern viele Vögeln, einige bekommen wir zur Gesicht. Das flache Wasser ist gefühlte fünf Grad wärmer als sonst wo. Vor allem unsere Kleinen genießen das Baden. Arvid bereitet sich auf seine Seepferdchenprüfung vor und springt fleißig aus dem Dinhgy ins Wasser. Er kann schon einige Meter ohne Schwimmhilfe zurücklegen und ist mächtig stolz drauf. Am Abend erscheinen Horden von Moskitos und jagen uns alle ins Wasser.
Am nächsten Tag hindern uns die Erinnerungen an Moskitos und das Niedrigwasser an die Fahrt zur gleichen Inseln. Wir nehmen lieber eine längere Dinghyfahrt in Kauf und landen an einem perfekten, steil ins Wasser abfallendem Sandstrand an der Insel Nukulei. Bei der aktuellen Windstille gibt es heute kaum Schwell. Die Anlandung ist trotzdem nicht so einfach. Die Korallen scheinen hier besonders prächtig zu wachsen. Wir müssen einige Zeit um die Insel herum fahren, bevor wir einen schmalen Kanal finden.
Wir nutzen die Möglichkeit und gehen hier schnorcheln. Da die Brandung doch spürbar ist, bleiben die Kinder an Land und bauen lieber Sandburgen. Es gibt einiges an Fisch und vor allem lebende Korallen, was wir in letzter Zeit eher selten gesehen haben. Nah am Ufer, im hüfttiefem Wasser schwimmen wir durch einen großen Fischschwarm. Die Fische haben vor uns keine Scheu.
Unsere Kinder haben den Strand so lieb gewonnen, dass sie unbedingt noch mal dorthin fahren müssen. Dieses Mal verhält sich die Welle anders, was wir leider zu spät bemerken. Aufgrund der gestrigen Erfahrung nähern wir uns ziemlich sorglos der Insel … und realisieren zu spät, dass an dem die Insel umgebenden Korallenriff die Wellen brechen. Die Kämme sind von Luv aus kaum zu sehen. Die erste Welle dreht das Dinghy quer zur Welle während die nächste schon das Dinghy überflutet und fast umkippt. Den Kindern ist die Situation gar nicht geheuer, sie würden lieber umdrehen. Aber dazu ist es jetzt zu spät. Im flachen Wasser über den Korallen lässt sich der Motor nicht mehr verwenden. Franka bekommt den Befehl, schnell Wasser zu schöpfen. Dann schnappen wir die Paddel und rudern zuügig zum Ufer, hinter das Riff, in ruhigeres Wasser.
Für das unangenehme Anlande-Erlebnis entschädigt uns die Natur und Ruhe auf der Insel. Die Kinder veranstalten Turniere und Kämpfe am Strand während die Erwachsenen einfach nur die Seele baumeln lassen. Beim Verlassen der Insel sind wir um eine Erfahrung reicher und führen unser Schlauchboot innerhalb des Riffs zu einer Stelle im Lee. Dort brechen die Wellen deutlich weniger. Jetzt, bei Hochwasser, ist das Wasser über dem Riff ausreichend tief und wir kommen gefahrlos ins offene Wasser.
Nukulei ist auch unser letzter Landgang auf den Ha’apais. Ausklariert haben wir ja bereits vor 10 Tagen und warten jetzt nur noch auf günstigen Wind zum Ablegen. In zwei Tagen soll es soweit sein – also am Dienstag. Dann soll der Wind auf Süd drehen, günstig für unsere Strecke nach Fiji. Aber als wir am Montag zu Mittag im Cockpit sitzen sehen wir schon eine dunkle Wolkenfront im Süden, die den Wetterwechsel ankündigt. Scheinbar hat sich der Wetterbericht um 24 Stunden geirrt. Eigentlich könnten wir also gleich am Nachmittag ablegen, aber es kann sich keiner so richtig dazu aufraffen. Da wir nach Süden etwas offen liegen, verlegen wir kurzerhand an das Nordufer von O’ua. Dabei begleiten uns sogar ein paar Delfine und begrüßen uns in der Bucht. Hier liegen wir bis morgen. Dann legen wir ab.