SY Outer Rim – A Family's Sailing Adventure

Sailing across the world's oceans with four kids

Wer hat Angst vor’m weißen Mann?

(20.07.2017 – Tag 1.124 – 22.356 sm)

Als Abwechslung zu unseren Ausflügen zu einsamen Stränden steuern wir die bewohnte Insel Ha’afeva an. Wir liegen im Westen der Insel in der Nähe eines teilweise zerstörten Stegs. Die Bucht ist recht gut geschützt und scheinbar auch bei anderen Seglern beliebt. Liegt anfangs nur ein anderes Segelboot neben uns sind wir später zu viert.

Überraschenderweise liegt das kleine Dorf der Insel auf deren Luvseite. Um es zu erreichen müssen wir etwa einen Kilometer auf die dem Ankerplatz entgegengesetzte Seite laufen. Der Weg durch die dichte Vegetation ist teilweise von Stacheldrahtzaun eingezäunt, der Boden hinter dem Zaun ist ordentlich durchwühlt. Offensichtlich lassen die Dorfbewohner ihre Schweine die Nahrung selbst suchen.

Hin und wieder sehen wir intensiv blau schillernde Eisvögel schnell an uns vorbei flitzen. Eine idyllische, mit Frischwasser gefüllte Niederung am Rand der Straße wird als Müllhalde benutzt. Alles, was die Dorfbewohner nicht mehr brauchen wird auf einen Haufen geworfen, Farb- und Giftstoffe lösen sich im seichtem Wasser auf und sickern in den Boden hinein. Am Rande des Wäldchens liegt ein kleiner Friedhof. Die Art der Bestattung unterscheidet sich deutlich von den deutschen Bräuchen. Statt eine Grube in einem steinigen Korallenboden auszuheben, wird um und auf den Sarg ein Haufen aus Steinen errichtet. Damit das Wetter und die Tiere sie nicht auseinander treiben, wird das Grab von einer bunten, von Hand gehäkelten Decke abgedeckt. Das Ganze wir mit künstlichen, intensiv gefärbten Blumen geschmückt.

Das Dorf besteht aus einigen windschiefen Blechhüten, beidseitig der Hauptstraße. Einige Häuser sind abgeschlossen und sehen verlassen aus. Ein Schild weist auf eine neue kleine Krankenstation hin, die nach dem letzten Zyklon mithilfe australischer Gelder errichtet worden ist. Unsere Kinder freuen sich über einen kleinen Laden in dem es kleine Süßigkeiten für Taschengeld gibt. Selbst hier ist der Handel fest in chinesischer Hand. Alles was das Dorf braucht, befindet sich auf etwa 20 Quadratmetern: von Zucker und Mehl bis Unterwäsche und Make-up … und Schlappen. Franka ersteht ein neues Paar.

Was uns absolut fasziniert ist, dass es in diesem kleinen Ort, der nur gut 100 Einwohner hat, ganze sechs Kirchen gibt: Methodisten, Katholiken, Evangelikale, Mormonen … alles vertreten. Und jede Kirchengemeinde hat ein Gebäude, mit mehr Sitzplätzen als Bewohner im Dorf. Man erzählt uns, dass einige Gottesdienste mit zwei-drei Teilnehmern abgehalten werden. Aber wie überall ist keiner bereit, die Abgrenzung zwischen den Denominationen aufzugeben.

Als Thomas ein kleines Mädchen, das vorher uns herzhaft angelächelt und mit uns etwas gescherzt hat fotografieren möchte, bekommen wir eine Ahnung, über die Ursprünge der polynesischen Höflichkeit Fremden gegenüber. Das zweijährige Kind bekommt vor der großen schwarzen Kamera in der Hand eines weißen Mannes einen ordentlichen Schreck, fängt zu weinen an und versteckt sich hinter dem Rock ihrer Mutter. Dass Kinder Angst vor dem weißem Mann haben, haben wir oft genug in Schwarzafrika erlebt. Wir gehen dann lieber auf Distanz. Doch die Reaktion der Mutter überrascht uns sehr. Statt dem Kind Schutz zu gewähren, fängt sie zu schimpfen an: nicht uns, das eigene Kind! Das Mädchen wird nach vorne gezerrt und dazu gezwungen sich vor die Kamera zu stellen, was zu einem noch heftigerem Weinen und Schreien führt. Die Mutter schaut Thomas, der die Kamera hinter seinem Rücken versteckt und bereut sie je überhaupt auf das Kind gerichtet zu haben, entschuldigend an und bittet ihn, doch das Bild zu machen. Nachdem die Worte das Mädchen nicht nach vorne bewegen konnten, bekommt sie eine Kopfnuss. So lernt man hier wohl schon in jungen Jahren, dass Höflichkeit und Respekt der Älteren gegenüber vom höchsten Werte ist … Wir verzichten lieber auf das Bild.

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Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 20. Juli 2017 von in Uncategorized.
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