(03.06.2017 – Tag 1.078 – 20.736 sm)
Was gehört zum Mythos Bora-Bora? Manche sagen, sie sei die schönste Insel der Welt. Mit Sicherheit gehört sie, vom Aufstieg auf den Mount Everest abgesehen, zu einem der teuersten Urlaubszielen überhaupt. Doch diese Exklusivität bleibt den teuren Resorts auf den Motus des Saumriffes vorbehalten. Vaitape, der Hauptort der Insel, erstreckt sich wie auf den Gesellschaftsinseln üblich am Rande einer entlang der Lagune gehenden Straße. Im Gegensatz zu Tahiti gibt es hier keine gehobenen Restaurants, keine Boutiquen und keine kunstvoll angelegten Grünanlagen. Selbst die Fassungen für Perlenschmuck, der in den lokalen Juweliergeschäften angeboten wird, entstammt eher chinesischer Massenproduktion als kunstvoller Handarbeit.
Wir wissen zwar nicht, ob die Luxus-Hotels irgendwelche Steuer zahlen, die der lokalen Gemeinde und der Bevölkerung zugute kommen, aber auf den ersten Blick sieht es nicht so aus. Unsere Kinder suchen vergeblich nach irgendetwas, was einem Kinderspielplatz, Sportplatz oder einem Fahrradweg ähnlich wäre. Wer hier seine Kindheit und Jugend verbringen muss, hat nicht viele Freizeitmöglichkeiten zur Verfügung. Angesichts der Tatsache, dass ein durchschnittlicher Tourist für einen Tag in einem Bungalo mit dazu gehörendem Service oft mehr als ein Tausend Euro ausgibt, ist das eine traurige Entwicklung.
Abgesehen davon ist das Setting von Bora-Bora natürlich traumhaft. Inmitten einer großen, türkisfarbenen Lagune erheben sich zwei bergige Inseln, die den Rand der ehemaligen Caldera erkennen lassen. Dicht bewaldet ergibt das Grün der steilen Hänge einen angenehmen Kontrast zum Blau der Lagune.
Wir verbringen einige Tage in der MaiKai Marina in Vaitape. Vor allem bei Arvid stößt der kleine Süßwasserpool auf Begeisterung. Unser Kleiner fühlt sich dort wesentlich geborgener als beim Baden in offenem Meer bei 30 Meter Wassertiefe. Leider darf er den Luxus nur einen Tag lang genießen. Am nächsten Tag sitzt Arivd am Frühstückstisch, sein Gesicht wirkt trotz der ganzen Sonnenbräune außergwöhnlich matt. Das Fieberthermometer zeigt über 39 Grad. Obwohl sich Arvid immer vehement gegen alle Medikamente wehrt, schluckt er diesmal widerstandslos seine Portion Fiebersaft. Gleicht nach dem Frühstück suchen wir mit ihm einen Arzt auf, einen alten Herr aus dem Elsas, der nicht nur Englisch sondern auch gutes Deutsch spricht. Auf Nachfrage bestätigt er, dass es hier regelmäßig Dengue-Epidemien vorkommen. Doch dies scheint nicht der Hauptgrund von Arvids Beschwerden zu sein.
Der Arzt zeigt uns eine große Schwellung am Hals, die bei näheren Betrachtung wirklich nicht zu übersehen ist und diagnostiziert eine Mandelentzündung. Dabei wundert er sich extrem, dass unser Kleiner sich vorher über die Schmerzen beim Schlucken nicht beschwert hat. Mit einem Rezept für Antibiotikum laufen wir zur Apotheke. Arvid schaut traurig zwei große Sirupflaschen an. Nach einer langen und emotionalen Verhandlung schließen wir mit ihm einen festen Vertrag ab: eine Schockolinse vor der Medizin, zwei danach. Das ganze drei Mal am Tag, zwei Wochen lang, klingt nach einem langen Kampf. Bis zu Mittag ist der Hals bis auf den doppelten Umfang angeschwollen. Wir sind froh, diese Situation nicht auf offenen See meistern zu müssen. Das verschriebene Penicillin hätten wir zwar vorrätig, wenn auch in einer Erwachsenendosierung, aber mit einer kompetenten ärztlichen Beratung fühlt man sich deutlich sicherer. Die Art der Infektion scheint hier weit verbreitet zu sein. Die Medizin zeigt schnell ihre Wirkung, schon gegen Abend nimmt die Schwellung ein wenig ab.
Wie schon auf Tahaa haben wir jeden Abend Livemusik im Cockpit. Am Samstag laufen drei konkurrierende Veranstaltungen nebeneinander, was Natalya fast in den Wahnsinn treibt. In der Marina versucht einer den unsterblichen Metallica-Hit „Nothing else matters“ nachzusingen, an der gegenüber liegenden Ecke der Bucht wird traditionelle Musik getrommelt, etwa in der Mitte ertönt aus der Gemeidehalle Popmusik des letzten Jahrhunderts.
Für die nächsten Tage wird ordentlich Wind vorhergesagt, vor dem wir uns nicht weit von Vaitape hinter einer Insel verstecken wollen. Nach langem Hin und Her entscheiden wir uns gegen die haarige Fahrt nach Osten, durch Flachstellen mit 2-3 Metern Tiefe. Es soll dort traumhaft schönes türkisfarbenes Wasser geben. Doch langsam haben wir genug davon gesehen, und dieses Mal überwiegen die Nachteile der stressingen Navigation durch Korallen-bespickte Pässe. Wir fahren daher lieber durch einen kurzen, einigermaßen tiefen und betonnten Pass in die Bucht westlich der Insel Toopua. Nach einer nervenaufreibenden Diskussion zwischen Skipper und Admiralität darüber, ob die durch das Wasser durchscheinenden Steine in der 2 oder 3 Meter Tiefe liegen, ankern wir lieber auf Nummer sicher so, dass wir den fraglichen Korallenkopf lieber unter keinen Umständen mit dem Kiel berühren.
Thomas baut für die Kinder den Genuabaum auf, befestigt daran eine Leine. Mit großer Freude sausen die Kinder los, um mit vollem Schwung ins Wasser zu stürzen. Das Beispiel ist ansteckend, die Eltern machen auch mit. Als Natylya versucht Vsevolod zu zeigen, wie tief man eintauchen kann, wenn man sich mit möglichst wenig Widerstand ins Wasser kommt, bekommt sie so eine intensive Nasen und Ohrenspülung, dass sie erstmal verschnaufen muss. Ansonsten bietet der idyllische Ankerplatz wenig Abwechslung. Arvid, der an Baumschwingen mangels fehlender Schwimmfähigkeit noch nicht teilmehmen kann, will unbedingt zum Swimmingpool zurück. Wir sind froh, dass er wieder gesund ist und erfüllen ihm gerne diesen Wunsch.
Der höchste Berg von Bora-Bora, der Mt. Ctemanu, sieht ziemlich verlockend aus. Doch ihn alleine zu besteigen ist ausdrücklich verboten. Angeblich sind einige Touristen auf einem rutschigen unsicherem Pfad tödlich verunglückt. Außerdem führt der Weg durch ein Privatgrundstück, das von einem Pitbull bewacht wird, was Natalya deutlich mehr Angst einflößt als ein unsicherer Pfad. Wir begnügen uns damit, dass wir auf einen der umliegenden Hügeln steigen. Nach einer kurzen Suche finden wir einen im Bergwald versteckten Pfad, der uns an einer historischen Marae vorbei zu einem guten Aussichtspunkt bringt. Von dort aus sieht die Lagune wirklich spektakulär aus. Die Farben leuchten in der Mittagssonne. Beim Aufstieg kommen wir schnell ins Schwitzen. Vielleicht war es doch keine schlechte Idee, die Besteigung des Gipfels nicht zu versuchen.
Wir sammeln auch noch einmal Erfahrung mit der begrenzten Warenverfügbarkeit auf Südseeinseln. Unser Unterwassergehäuse für die Digitalkamera hat auf Tahaa einen Schaden am Verschluss bekommen. Es hält zwar noch dicht, ist aber nicht mehr sicher. So entscheiden wir uns, kurzfristig Ersatz zu beschaffen. Es ist klar, dass es hier kein Gehäuse für unsere Kameara gibt. Also brauchen wir eine wasserdichte Kamera. Auf Bora-Bora gibt es genau einen Laden, der Technikprodukte verkauft. Es gibt zwei Modelle von wasserdichten Kameras und drei Modelle Actioncams. Wir wollen letzeres. Ein Modell hat einen passenden Selfie-Stick aber keine guten Leistungsdaten, die anderen kommen ohne Stick. Da uns Qualität wichtig ist, verzichten wir auf den Stick. Die Dame im Laden lässt sich auch von Thomas Flehen nicht erweichen, den Stick aus dem Bundle herauszunehmen. Ohne Stick geht aber nicht wirklich. Also geht Thomas in den Baumarkt, kauft eine Stück Vierkantholz (5 Meter – kürzer geht nicht) und wasserfeste Farbe. Dann heißt es Schnitzen, Feilen, Schleifen und Streichen … fertig ist der Segler-Stick. Zur Not kann man ihn auch als Schlagstock verwenden. Vielleicht finden wir auf Fiji Ersatz, wobei der Stick schon echt urig aussieht.
Zum Feier des Abschlusses unserer Reise durch die Gesellschaftsinseln gehen wir nochmals gemeinsam zu einem der Esswagen in Vaitape. Wie immer gibt es gegrillten Fisch. Auf dem Rückweg zur Marina kommen wir an einer Probe der lokalen Tanzgruppe mit traditioneller Trommelmusik vorbei. Erst wird gemeinsam gesungen, dann führen knapp hundert Tänzer eine recht nette Choreographie auf. Wir sitzen über eine Stunde dabei und beobachten das Schauspiel. In den nächsten Tagen ist wohl ein Wettbewerb der Tanz- und Musikgruppen der Inseln und hier wird fleißig dafür geübt.
Wir verabschieden uns nun endgültig von Französisch Polynesien. Zum Ausklarieren müssen wir alle persönlich im Polizeirevier erscheinen, aber alles läuft vollkommen unproblematisch. Wir packen den Kühlschrank voll mit Gemüse, verabschieden uns auch von der französischen Käsetheke. Am späten Nachmittag werfen wir die Leinen los und setzen die Segel Richtung Suwarrow. Das Wetterfenster ist optimal: wir gleiten mit leichtem Rückenwind durch fast spiegelglattes Wasser. Mehr als vier Monate in Französisch Polynesien liegen hinter uns, mit sehr positiven Eindrücken von sehr freundlichen Menschen und toller Natur.
Schöner Bericht! Lssst es Euch weiterhin gutgehen. Wir setzen am Montag den Mast und werden Ende nächster Woche lossegeln.
Liebe Grüße Eva
Prima! Dann wünschen wir euch eine tolle Reise und viele unvergessliche Erlebnisse … nur positive 😉 Habt ihr einen Blog?