SY Outer Rim – A Family's Sailing Adventure

Sailing across the world's oceans with four kids

Bad Guy’s Bay auf Nuku Hiva

(02.03.2017 – Tag 985 – 19.465 sm)

Der Wind auf dem Weg nach Nuku Hiva reicht wie auf den Marquesas üblich nur für die halbe Strecke. Da wir nicht bei Dunkelheit ankommen wollen, müssen wir den Motor anschalten. Am frühen Abend fällt der Anker in der breiten Bucht von Taiohae zwischen knapp 30 anderen Yachten. Unsere Kinder freuen sich als sie Kindergeschrei aus einem vorbeifahrenden Dinghy hören und merken sich das Boot. Seit langem sind das die ersten Kinder, die wir auf unserem Weg treffen.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Buchten ist das Wasser hier relativ klar. Wir liegen am Rande des Ankerfeldes, und am nächsten Morgen gibt eine Gruppe großer Mantas eine Vorstellung. Zwei Dutzend Tiere ziehen ihre Kreise nicht weit unseres Bootes. Viele kleine Fischlein schwimmen um die Outer Rim herum, ohne sich um die Menschen zu kümmern. Am Montag gehen wir zum Gemüsemarkt und sind positiv überrascht. Nach einer langen Abstinenz gibt es wieder Gurken, Zucchini und sogar knackige Radieschen zu kaufen. Die Preise sind happig, ein Kilo Tomaten kostet 4,50 Euro, aber nichtsdestotrotz findet das Gemüse reißenden Absatz, nicht nur bei den Seglern, sondern auch auch bei den einheimischen Hausfrauen.

Leider ist das Trinkwasser hier unbrauchbar, wir müssen eine andere Möglichkeit finden unsere fast leeren Tanks aufzufüllen. Unser Wassermacher funktioniert ja immer noch nicht zuverlässig. Die aus den USA bestellten Membrane sind zwar eingebaut, aber die Hochdruckpumpe schaltet sich noch immer nach 5 bis 10 Minuten mit Überhitzungsmeldung ab. Wir werden wohl bis Tahiti ohne auskommen müssen.

Wir treffen einige uns aus Ecuador bekannte Boote. Sie sind schon seit Wochen hier und warten auf das Ende der Zyklonsaison, um weiter nach Westen zu segeln. Sie erzählen uns, das eines der Boote trotz der ausdrücklichen Warnung aller Ortskundigen vor zwei Wochen in Richtung Tuamotus abgelegt und auf dem Weg mehrere Tage von Winden in Stärke bis zu 50-60 Knoten gebeutelt wurde. Das muss der gleiche Sturm gewesen sei, der uns den lästigen Schwell auf Fatu Hiva verschafft hat. War klar, dass sie nach mehrtägigem Kampf umdrehen mussten und erst Mal ihre Wunden – u.a. beschädigtes Großssegel – lecken mussten. Wind und Wetter darf man nicht unterschätzen, da geht Sicherheit vor Zeitplan.

Unser auf der Passage von den Galapagos-Inseln hierher durch Schwachwinde leicht geschädigte Vorsegel nehmen wir ab. Kevin von Yachtservice verspricht uns das Segel in wenigen Tagen zu reparieren. Wie immer ist das Abschlagen und der Transport des 110 qm großen und über 50 kg schweren Segels an Land eine große Aktion. Als wir am Samstag das Segel abholen wollen, ist Kevin gar nicht da, die Bude ist geschlossen: brasilianische Verhältnisse mal wieder? Da ahnen wir schon, was von der Reparatur zu erwarten ist. Trotzdem haben wir von der Zivilisation genug und verlegen auch ohne Segel in eine naheliegende einsamere Bucht. Dort soll es gutes Trinkwasser und einen netten Hikingweg zu einem Wasserfall geben. Als wir mit unserer auf Starkwind und harte An-Wind-Kurse getrimmte Fock mit etwa 20 Knoten Wind auf einem Vorwind-Kurs mühsam 4 Knoten Fahrt machen, werden wir von einem kleineren Segelboot fast überholt. Der wird sich wohl gewundert haben, warum das große Boot bei 20 Knoten Wind ein schlecht stehendes Starkwindsegel aufzieht.

Die Bucht, die als die geschützteste auf Marquesas, angpriesen wird, erinnert uns an Patagonien: eine verengte Schlucht mit steilen Berghängen fast rundherum. Schwell kommt tatsächlich kaum hinein, aber bei schwerem Wetter fallen hier wahrscheinlich ordentlich verstärkte Fallwinde von den Berghängen herunter. Vsevolod hilft Thomas beim Wasser holen. Dafür müssen sie mit dem Schlauchboot in einen kleinen Fluss fahren. Die Einfahrt ist eng, mit Steinen gespickt und nur nahe Hochwasser passierbar. Teilweise steigen wir aus und schieben das Dinghy über die Steine. Insgesamt muss der Weg sechs Mal zurückgelegt werden … jedes Mal mit 100 Litern Wasser im Gepäck.

Am nächsten Tag stehen wir früh auf, ziehen unsere Wanderklamotten und seit langem einmal wieder ordentliche Schuhe an und freuen uns auf eine kleine nette Wanderung zum Wasserfall. Im Dorf werden wir freundlich begrüßt. Ein älteres Ehepaar erkundigt sich, ob wir heute bei ihnen zu Mittag essen wollen. Sie betreiben ein kleines Restaurant, das bei Seglern sehr beliebt ist. Die Einladung ist nicht unaufdringlich, es riecht hier nach Touristenindustrie, aber wir willigen trotzdem ein. Wir erkundigen uns nach dem Weg. Der Pfad ist breit und nicht zu verfehlen.

Keine 100 Meter weiter hören wir Geschrei eines ordentlichen Streites. Mitten auf dem Weg steht ein Einheimischer und diskutiert heftig mit zwei anderen Seglern, die den gleichen Weg gehen wollen. Er will von jedem 10 Dollar haben, nur dafür, dass man auf diesem Weg laufen darf. Dabei wird nicht sachlich argumentiert, sondern laut rumgeschrien. Einer der Segler ist sich sicher, dass die Straße dem Wegelagerer nicht gehört, und er überhaupt kein Recht hat hier Gebühr zu erheben. Als der Mann uns erblickt, wendet er sich vom Streit ab, wird unheimlich freundlich zu uns und erklärt uns die „Sachlage“. Doch als er erfährt, dass wir gar kein Geld dabei haben, schlägt sein Ton sofort um. Als Thomas versucht trotz des Geschreis einfach weiter zu gehen, baut der Wegelagerer sich vor ihm auf und schubst ihn zurück. Die Botschaft ist ganz klar: ich kann auch zuschlagen.

Wie viele Männer hier ist er überdurchschnittlich groß und kräftig. Man möchte nicht unbedingt, dass die Diskussion in einer Schlägerei ausartet, und wir gehen alle zurück. Der Mann folgt uns uns schimpft laut vor sich hin. Da wir uns in diesem Dorf nicht mehr willkommen fühlen, sagen wir auch das Abendessen ab, genau wie die anderen Gäste. Dafür dass einer der Dorfbewohner 40 Dollar einnehmen wollte, die ihm gar nicht zustanden, hat das Ehepaar mindestens 100 Dollar verloren, die sie durch Reservierung schon fast in der Tasche hatte. Unter Berücksichtigung der Geldknappheit ist das sicherlich ein schmerzhafter Verlust. Doch der Streithahn will nichts darüber hören. Hauptsache er bekommt das Geld, der Rest ist ihm egal. Berühmte polynesische Gastfreundschaft stellt man sich anders vor. Früher hieß die Bucht bei Seglern „Daniel’s Bay“, da hier jahrelang ein Segler-Freund namens Daniel lebte. Jetzt wird sich wohl ehr der Name „Bad Guy’s Bay“ einprägen und nicht wenige Segler von einem Besuch abhalten. Sehr schade.

Wir fahren zur Outer Rim zurück und gehen am Nachmittag am anderen Ende der Bucht an Land. Michele, der dort wohnt, hat keine Einwände, dass wir hier spazieren gehen und erkundigt sich nur, ob unser Dinghy auch fest angebunden sei. Wir laufen an einem kleinem Fluss entlang und scheuchen unzählige Kokoskrabben auf. Als wir zum ersten Mal ihre Löcher sehen, glauben wir, es handelt sich um einen Kaninchenbau. Als eines der Tiere vor Arvid stehen bleibt, bleibt Arvid auch stehen: die Scheren sehen bedrohlich aus.

Der Pfad wird schmäler und wird vom Dschungel überwuchert. Die Wanderklamotten haben wir dieses mal zuhause gelassen. Arvid schimpft über die kratzigen Pfanzen, die höher sind als er, geht aber munter weiter. Wir sind fest entschlossen einen Blick von oben auf die Bucht zu werfen und kämpfen uns durch. Oben angekommen schauen wir auch zu der Nachbarbucht. Landschaftlich ist sie noch etwas schöner als unsere, aber vor Schwell überhaupt nicht geschütz. Große Brecher zerschellen malerisch an den Felsen.

Auf dem Rückweg kaufen wir bei Michele noch drei frische, fein duftende Ananas. Am Strand warten die Sandfliegen ungeduldig auf uns. So schnell wie möglich schieben wir unser Schlauchboot ins Wasser, und springen hinein, um ihnen zu entkommen. Die Natur hat Marquesas vor Strandtourismus gut geschützt. An diesen Stränden will sich sicherlich keiner hinlegen, ganz egal, wie warm das Wasser und wie malerisch die Kulisse ist.

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