SY Outer Rim – A Family's Sailing Adventure

Sailing across the world's oceans with four kids

Das Ende unserer Zeit auf den Galapagos-Inseln

(16.01.17 – Tag 940)

Wie alle anderen Galapagosinseln ist Isabela ziemlich trocken. Um so mehr wundert man sich, wenn man nach einem Spaziergang entlang einer trockenen Sandpiste eine Reihe von saftig grünen Lagunen findet. Jedoch sucht man hier erfrischendes Süßwasser vergeblich. Es regnet viel zu selten, und wenn es regnet, sickert das Wasser schnell durch den Sand und das poröse Vulkangestein. Das Meereswasser sucht sich seinen Weg durch Ritzen und den Boden und füllt die Niederungen auf. Pflanzen und Tiere haben sich perfekt an den hohen Salzgehalt und die brennende Hitze angepasst. Im Schatten von Mangroven finden kleine Fische und Krabben Schutz. Wer sich zu weit hinaus traut, fällt schnell einem hungrigen Reiher zum Opfer. In der Nähe des Ufers taucht ein Entenpärchen auf. Wie alle Tiere hier lassen sie sich anstandslos aus der Nähe fotografieren.

Unseren Kinder wird der Weg von Lagune zu Lagune in der Hitze zu beschwerlich. So gut es geht versuchen alle Familienmitglieder Arvid zu motivieren und erzählen ihm abwechselnd Märchen. Die Kinder nehmen dankend Natalyas Vorschlag an, im Schatten eines Unterstands unweit des Strands Sandburgen zu bauen. Natalya und Thomas laufen noch ein Stück des Weges weiter. Auf dem Weg kommen immer neue kleine Lagunen. Obwohl eigentlich schon längst Regenzeit sein sollte, ist der Wasserstand erschreckend niedrig. Große Flächen sind vertrocknet, so dass man auf dem hart gebackenem Schlamm laufen kann. Nach einiger Zeit müssen wir umkehren. Der Weg führt weiter zur Mauer der Tränen – einem sinnlosen Baudenkmal, das ehemalige Gefangene mitten in der trockenen wüstenartigen Gegend errichten mussten und eigentlich zu einem Gefängnis werden sollte. Dazu kam es aber dann nicht mehr als man das Vorhaben, aus Isabela eine Strafkolonie zu machen, aufgegeben hatte.

Als wir zu den Kindern zurück kommen, führen sie stolz ihre Burgen vor und veranstalten einen Schönheitswettbewerb. Danach rennen sie johlend ins Wasser und toben in der Brandung. Die Wellen an der Stelle sind besonders hoch. Neben dem Unterstand steht ein Regal für Surfbretter. Als wir zurück ins Dorf laufen, kommt uns ein mit Surfbrettern und jungen Männern voll beladener Jeep entgegen. Einige Touristen quälen sich, laut nach Luft schnappend und von Schweiß triefend auf Fahrrädern über die sandige Piste. Wenn man schon ein Fahrrad gemietet hat, muss man mit diesem auch irgendwohin fahren. Auf Isabela gibt es dafür nicht so viele Möglichkeiten. Entweder eine Straße mit etwa Tausend Metern Höhenunterschied oder eben die Sandpiste.

Unsere Tage auf Isabella und damit den Galapagos-Inseln neigen sich ihrem Ende entgegen. An einem unserer letzen Nachmittage laufen wir im Schatten der Mangroven auf einem gut angelegten Holzsteg zwei Kilometer in Richtung der Schildkröten-Aufzuchtstation. Als wir keine zehn Meter entfernt vor einem auf einem Bein stehenden und selig schlafendem Flamingo Halt machen, können wir unser Glück kaum fassen. In Chile mussten wir uns mühsam, im salzigen Schlamm versinkend an die Vögel anpirschen und kamen kaum näher als 50 Meter an sie heran bevor die Vögel Reißaus nahmen. Hier scheinen sich die sonst so scheuen Flamingos um die Menschen gar nicht zu kümmern. In aller Ruhe durchwühlen sie den Schlamm nach Krebsen. Selbst Arvid mit seinem ständigen Geplapper kann sie nicht aus der Ruhe bringen. Auch Iguane scheinen Schlammbäder zu mögen. Sie pflügen sich durch den Schlamm in Richtung Strand.

Obwohl unsere Aufenthaltsgenehmigung für die Galapagos Inseln noch ein paar wenige Tage gilt, entscheiden wir uns fürs Ablegen. So schön wie die Tierwelt hier ist, sind die Möglichkeiten doch begrenzt, sich frei und ohne Führer zu bewegen. Man könnte bestimmt noch mehr sehen, mehr erleben, aber die exorbitanten Preise für geführte Exkursionen … und das mal sechs? Nein, danke! Eine Frage belastet uns zusätzlich. Seit zwei-drei Wochen sind unsere Visa für Ecuador abgelaufen. Wir hätten sie liebend gern verlängert und auch die Gebühren dafür bezahlt. Doch die Beamten auf den Galapagos teilten uns lächelnd mit, dass wir dafür aufs Festland hätten fliegen müssen. Hier können sie kein Visum verlängern. Also sind wir illegal im Land und können auch gar nicht offiziell ausreisen ohne eine enorme Strafzahlung zu riskieren.

Das mit Ausklarieren wird dadurch zum Glückspiel. Zur Immigration können wir nicht. Aber ganz ohne Erlaubnis einfach auslaufen wollen wir eigentlich vermeiden. Hier werden jedes Schiff und seine Bewegungen genauestens überwacht. Wer will schon von der Küstenwache verfolgt werden? Und bei Nacht einfach verschwinden mit ausgeschaltetem AIS und ohne Navigationslichter wie wir das in Guinea-Bissau schon einmal gemacht haben ist auch unheimlich, insbesondere wenn dies der Start zu einer 3.000 Meilen langen Überfahrt sein soll.

Aber was, wenn wir zur Capitania gehen und man dort unseren unberechtigt langen Aufenthalt bemerkt? Kann sein, dass sie unsere Pässe einziehen und wir hier festsitzen … oder sie merken vielleicht gar nichts. Wir zögern lange, entscheiden uns dann doch unser Glück zu probieren. Natalya und Thomas laufen zu Capitania und erklären, dass wir ausklarieren wollen. Eigentlich geht das auf Isabela offziell gar nicht, und wir rechnen insgeheim damit, dafür nach Santa Cruz dafür geschickt zu werden. Doch es klappt überraschend einfach und unkompliziert. Der Beamte kassiert 15 Dollar, schaut nicht mal unsere Pässe an und verspricht am Nachmittag an Bord zu kommen, um uns die fertige Zarpe zu bringen. Wir können unser Glück gar nicht fassen. So haben wir zwar keinen Ausreisestempel, können aber wir mit Erlaubnis der Capitania ablegen. Und in dem „fast“ EU-Land Französisch Polynesien wird man uns schon nicht abweisen oder nach Ecuador zurückschicken nur weil ein Ausreisestempel fehlt.

Die Entscheidung, ein paar Tage früher nach Polynesien aufzubrechen, wird auch durch den Zustand unseres Wassermachers beeinflusst. Fast drei Jahre hat die Anlage fleißig gut 100 Liter Trinkwasser pro Stunde aus Meerwasser produziert. Aber seit einigen Tagen verschlechtert sich die Qualität des produzierten Wassers deutlich. Jeden Tag steigt der verbleibende Salzgehalt weiter und nähert sich deutlich dem Niveau, bei dem die Anlage automatisch abschaltet. Wenn das so weiter geht, können wir in ein paar Tagen gar kein Wasser mehr damit produzieren. Frischwasser ist hier an Land schwer zu bekommen. Auch mehrere Versuche, die Membrane der Umkehrosmose-Anlage zu reinigen, bringen keinen Erfolg.

Der per Mail eingeschaltete Techniker kann nur empfehlen, die Membrane zu wechseln. Die gibt es auf den Galapagos sicher nicht zu kaufen. Und der Versand hierher kann Wochen dauern. Für uns keine Alternative. Und dann kommt noch dazu, dass die Anlage sich nach ein paar Minuten komplett abschaltet. Irgendwas an der Hochdruckpumpe wird zu heiß. Also besser jetzt schnell auf die Marquesas segeln wo wir Ersatzteile bekommen können als noch länger hier zu warten und kein Wasser für die Überfahrt im Tank zu haben. Etwas mulmig ist uns zwar schon, da wir ja unterwegs kein Wasser machen können, aber Alternativen gibt es wenige. Dann müssen halt die 800-900 Liter, die wir jetzt haben, für 3-4 Wochen reichen. Für Notfall bastelt Thomas noch schnell einen Regenfänger. So können wir bei Regenfall wenigstens etwas Wasser aufsammeln.

Als letzter Punkt unseres Vorbereitungsprogramms steigen wir ins Taxi und fahren in die Berge auf eine der Farmen, um Gemüse für die Überfahrt zu kaufen. An einem Markttag, an dem außer ein paar Karotten und Zwiebeln kaum was zu kaufen war, hat Thomas mit einem der Farmer gesprochen. Wenn wir mehr Gemüse brauchen, sollen wir direkt zur Farm kommen. Nach etwa 20 Minuten Taxifahrt steigen wir vor einem Tor aus, und klopfen an. Keiner meldet sich. Wir machen das Tor auf, und schlüpfen durch. In einem der Häuser finden wir eine Frau und erklären unsere Angelegenheit. Danach werden wir durch das Gelände geführt und sollen zeigen, was wir haben wollen. Brauchen wir Bananen? Eine ganze Bananenstaude wir mit einer Matschete gefällt. Wir packen unsere Rücksäcke voll mit Karotten, Kohl, grünen Tomaten, Papaya, Auberginen, Paprika und vielem mehr. Frische Ananas duften verführerisch und sind hier halb so teuer wie unten im Dorf. Am Ende entscheidet sich Natalya noch, zehn Bioeier mitzunehmen. Zu dem Zeitpunkt glauben wir noch, es bleiben mit 5 Dollar die teuersten Eier in unserer Reise. Für den Großeinkauf bekommen wir noch ein paar reife Bananen und eine dicke Zuckerrohrstange geschenkt und machen uns auf den Rückweg.

Am Nachmittag kommt tatsächlich der Armadaoffizier mit der Zarpe. Wir müssen nicht durch die Nacht und Nebel fliehen, sondern können anständig ablegen. Die letzten Vorbereitungen laufen. Kurz vor Anbruch der Dunkelheit geht heißt es „Anker auf!“ und unsere mit ca. 3.000 Meilen längste Überfahrt beginnt. Die Südsee ruft!

2 Kommentare zu “Das Ende unserer Zeit auf den Galapagos-Inseln

  1. Christa
    4. März 2017

    Vielen Dank für die wunderschönen Bilder und weiterhin gute Reise!

  2. Thomas
    4. März 2017

    Gerne! Liebe Grüße in die Heimat

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Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 16. Januar 2017 von in Uncategorized.
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