(14.12.2016 – Tag 907)
Ein seit vielen Millionen Jahren aktiver Hotspot erschuf die jetzt sichtbaren Inseln des Galapagos-Archipels. Über der unterirdischen Magma-Kammer schiebt sich die Nazca-Platte in südöstlicher Richtung. Die daraus resultierende vulkanische Aktivität befördert direkt über dem Hotspot heiße und hochflüssige Magma nach oben und schichtet sukzessive neues Land auf. Mit der Plattenbewegung schiebt sich das so entstandene Land immer weiter nach Südosten, wird irgendwann vulkanisch inaktiv und erodiert. So findet man im Nordwesten die neuesten Inseln und im Südosten die ältesten. Wahrscheinlich ist die Insel Espanola ganz im Südosten der Inselgruppe mit 3-6 Millionen Jahren die älteste der dreizehn Galapagos-Inseln.
Mehr noch als die geologische Geschichte ist die einmalige Fauna und Flora der Inseln interessant. Schon Darwin wurde 1835 durch die Funde auf diesen Inseln zu seiner Theorie der Evolution der Arten inspiriert. Mag man nun an diese Theorie glauben oder nicht, so ist doch für jeden Besucher die besondere Tier- und Pflanzenwelt einen Besuch wert. Es gibt hier viele endemische (also nur hier vorkommende) Arten, die auch noch aus nächster Nähe zu beobachten sind. Und auf jeder Insel gibt es verschiedene Arten und Unterarten, so dass jede der Inseln wiederum besonders ist.
Leider ist es nicht erlaubt, mit dem Segelboot andere Stellen als die vier bewohnten Häfen anzulaufen. Freies Ankern – wie wir es so lieben – ist hier nicht möglich. Will man Stellen im Nationalpark – und 97% der Fläche der Galapagos ist Nationalpark – so muss man sich einer Reisegruppe mit einem lokalen Reiseführer anschließen. Mit 200 Dollar pro Tag für solche Ausflüge muss man sich dann schon genau überlegen, was man wirklich sehen will. Für eine sechsköpfige Familie erreicht der Preis für einen Tagesausflug dann schnell vierstellige Beträge und ist somit nicht finanzierbar. Wir haben uns daher entschieden, dass jeweils nur einer von uns solche Tagesausflüge macht und die anderen über Bilder und Videos daran teilhaben lässt.
Unser erster Ausflug dieser Art führt Thomas zur Insel Espanola. Im Dezember brüten dort noch die Galapagos-Albatrosse. Und sie brüten weltweit nur auf dieser Insel. Sie sind mit max. 2,4m nicht die größten Albatrosse, aber die einzigen, die in den Tropen vorkommen. Wir haben zwar schon viele Albatrosse fliegen sehen, aber noch keine beim Brütend beobachten können. Normalerweise kreisen sie ja monatelang über die Wellen und kommen nicht an Land. Außerdem gibt es auf Espanola noch brütende Blaufußtölpel und Nazcatölpel. Also Reise gebucht.
Um 7:30 Uhr geht es vom Touristen-Pier los. Normalerweise kennen wir den Steg nur außerhalb der Rushhour. Dann können wir dort ungestört mit unsrem Dinghy anlegen. Aber heute ist der morgendliche Reise-Trubel. Der Steg ist voll mit Touristen und Reiseführern. Crewlisten werden auf Tableaus geprüft, Gepäck wird nach unerlaubten Stoffen durchsucht. Beim Einsteigen in das Boot müssen auch die Schuhe gereinigt und gewaschen werden. Das alles, um die unerwünschte Einschleppung fremder Arten von außerhalb und zwischen den Inseln zu vermeiden.
Nach einer Weile sitzt Thomas in einem kleinen Motorboot. Zwei 200 PS-Außenbord-Motoren schieben das Boot für uns Segler ungewohnt schnell durch die See. Heute ist kaum Wind, daher kaum Welle. Nur etwas Schwell kommt aus Südost. Nach ein paar Minuten wird klar, warum Segeln soviel angenehmer ist. Selbst mit Lärmschutz-Kopfhörern ist das Motorengeräusch kaum auszuhalten. Unterhaltung mit anderen Reisenden ist unmöglich. Das heißt, wir sitzen zwei Stunden im Boot und beobachten die Wellen. Außer ein paar springender Rochen ist heute nicht viel zu sehen.
Unser erster Stopp ist im Nordosten von Espanola. Hier ist schon eine Mooring-Leine vorbereitet an der wir festmachen können. Eigentlich war ja Inselrundgang, dann Mittagessen und dann Schnorcheln geplant. Jetzt ist die Reihenfolge umgekehrt – zum Unmut einiger Mitfahrer. Aber die Parkleitung schreibt jedem Boot die Route genau vor. Da ist kein Verhandeln möglich – angeblich. Nun, jedenfalls gehen wir jetzt erst mal Schnorcheln.
Die Vielfalt der Unterwasserwelt ist hier deutlich größer als an den von uns erreichbaren Stränden auf San Cristobal. Es gibt filigrane Korallen und Unterwasserpflanzen. Viele Fische tummeln sich darin. Einige Seelöwen gesellen sich zu uns und genießen die Abwechslung indem sie eine Weile mit uns und den Luftblasen unserer Flossen spielen. Ein kurzer Ausflug in eine kleine Höhle im Ufer und zu einigen vorgelagerten Felsen gewähren zusätzliche Einblicke in die Unterwasserwet. Ein riesiger Schwarm an tropischen Fischen schwimmt unter uns durch und lässt sich durch uns nicht beim Fressen stören. Nach einer knappen Stunde im frischen Wasser wird es trotz dünnem Neopren-Anzug dann zu kalt. Wir gehen an Bord und fahren langsam weiter zur Westspitze der Insel.
Hier kann man dank einer kleinen Treppe sogar einigermaßen trocken an Land kommen. Und schnell wird klar, dass die Insel deutlich mehr Tiere beherbergt als San Cristobal … oder zumindest dichter. Der Weg führt zwischen Lavasteinen hindurch, die über und über mit Meerechsen und Krabben voll sind. Sonne tankend liegen die Tiere dicht gedrängt neben und übereinander. Auch unser Weg wird von den Tieren belagert. Zwar sind die Leguane nicht gefährlich, aber es kostet etwas Überwindung den Fuß zwischen die bis zu 1,3 Meter langen Tiere zu setzen. Deutlich widerwillig geben sie den Weg frei und fauchen immer wieder genervt, spucken Salz aus ihren Nasenlöchern. Die Meerechsen kannten wir schon aus San Cristobal, doch hier sind sie interessant rot geschuppt. Das liegt angeblich an den unterschiedlichen Algen, die sie fressen.
Weiter geht der Weg über das recht harte Lavagestein. Das Laufen ist nicht immer einfach, da jeder Schritt genau platziert werden muss, um nicht abzuknicken oder abzurutschen. Immer wieder huschen Lavaechsen – ca. 15 cm lange, endemische Kielschwanzleguane – über unseren Weg. Sie lassen uns bis auf einen halben Meter herankommen. Klar lassen sich die hübschen Weibchen mit ihrer roten Kehle von den größeren Männchen unterscheiden. Auch Spottdrosseln sind ganz zutraulich und hüpfen teils ungestört zwischen unseren Füßen herum.
Es gibt einen vorgegebenen Weg, den wir gehen dürfen und müssen. Zum Schutz der hier brütenden Vögel ist das auch sehr sinnvoll. Nichtsdestotrotz kommen wir direkt durch die Brutkolonie der Nazcatölpel. Diese Vögel bauen sich kein Nest. Stattdessen suchen sie sich eine leichte Vertiefung im Fels und markieren ihr Nest durch einen Kreis ihrer weißen Ausscheidungen. Nazcatölpel legen fast immer zwei Eier in einem gewissen zeitlichen Abstand. Es wird aber nur ein Küken aufgezogen. Überlebt das erste, so wird das als zweites Schlüpfende gleich dem Verhungern preisgegeben. Stirbt das erste Küken, so dient das zweite als Backup. Klingt grausam, ein Küken einfach verhungern zu lassen, aber so gewährleisten die Vögel, dass wenigstens ein Junges pro Saison aufgezogen werden kann. Für uns heißt dass, dass wir viele kleine Küken und viele Eier unter den brütenden Vögeln sehen können. Und das aus nächster Nähe. Die Vögel lassen sich durch uns nicht stören und beobachten unser Tun nur argwöhnisch mit schräg gelegtem Kopf.
Ein kleines Stückchen weiter sehen wir dann die ersten Albatrosse. Die graubraunen Küken sitzen einfach zwischen den Felsen und warten geduldig auf ihre Eltern. Schon als Junges sind sie wesentlich größer als die Tölpel und sehen irgendwie unpassend dimensioniert aus. Von der Grazie, die sie fliegend einmal haben werden, ist noch nichts zu sehen. Auch gibt es bei den Albatrossen kein Nest. Die Küken sitzen scheinbar wahllos platziert herum und warten auf die nächste Fischlieferung. Einige Elterntiere haben scheinbar den Kalender auch falsch gelesen und sind mit Balzritualen beschäftigt. Sie tanzen umeinander herum und klopfen mit den Schnäbeln an den des anderen. Es erscheint eine einstudierte Choreographie zu sein.
Zum Abschluss unserer 2,5-stündigen Wanderung über die Insel sehen wir noch ein paar Blaufußtölpel. Mit ihren leuchtend blau gefärbten Füßen sind sie immer nett anzusehen, auch wenn wir sie schon aus San Cristobal kennen. Heute lernen wir auch, warum Tölpel so große Füße haben. Da sie für das Eintauchen und Fischen im Wasser keine kahle Stelle am Unterleib gebrauchen können, müssen sie für das Brüten eine andere Möglichkeit haben, um die Eier zu wärmen. Das machen sie mit den gut durchbluteten Füßen.
Wir kämpfen uns wieder den Weg durch Hunderte von Meerechsen bis zum Boot und verabschieden uns von der recht interessanten Insel Espanola. Flach wie sie ist verschwindet sie während der lärmenden Rückfahrt schnell am Horizont. Ein paar Delfine springen noch kurz aus dem Wasser und es bleibt eine sehr positive Erinnerung an einen abwechslungsreichen Besuch auf einer besonderen Insel.
Die gelbe Blume könnte sein(Google):
Beschreibung
Tubastraea faulkneri
Deutsch: Orange-gelbe Kelchkoralle
Vorkommen: Australien , Equador, Galápagos, Indischer Ozean, Indonesien, Indopazifik, Madagaskar, Mauritius, Molukken, Palau, Papua-Neuguinea, Philippinen, Süd-Pazifik, Westlicher Indischer Ozean
Danke nochmals für die schönen Bilder und Berichte
Sailing on
Thorsten
Hallo Thorsten,
Vielen Dank! Schön, so aufmerksame und kompetente Leser zu haben.
Grüße
Thomas
Yo, bin mir ziemlich sicher, dass sie das ist…
Ein faszinierendes Gewächs😊