(23.08.2016 – Tag 794)
Die letzten Kilometer nach Copiapo sind richtig interessant. Hier kann man live erleben, warum die Atacama-Wüste so trocken ist. Die Straße führt direkt am Ozean entlang. Links von uns sind trockene, braune Felsen ohne jede Vegetation und mit schönstem Sonnenschein, rechts von uns der Ozean mit einer geschlossenen Wolkendecke darüber. Der kalte Humboldtstrom lässt alle Feuchtigkeit kondensieren und abregnen. In der Wüste kommt nichts an. Wir schauen uns das Phänomen am Strand aus nächster Nähe an.
Eigentlich haben wir es etwas eilig. Der Mietwagen soll heute um vier Uhr zurück gegeben werden. Thomas fährt daher etwas zügiger, etwas zu zügig. Jedenfalls sind die beiden Polizisten, die auf dem Mittelstreifen mit Laser die Geschwindigkeit kontrollieren, dieser Meinung und winken uns raus. Oh weh, das kann wieder teuer werden. Man studiert etwas befremdet den deutschen Führerschein, dann versucht man Thomas über das Vergehen aufzuklären. Wie schön, dass man sich schützend hinter der Sprachbarriere zurückziehen kann. Irgendwann wird es dem Polizisten zu mühsam und er lässt uns ohne Strafe weiter fahren. Glück gehabt!
In Copiapo ist dann erst Aufräumen des Autos angesagt. Wir haben ja noch über ein Stunde Zeit bis zur Abgabe. Die Kinder dürfen am Bahnhof spielen und wir Erwachsenen packen alles ordentlich zusammen, suchen unter den Sitzen nach Verlorenen Gegenständen und machen das Auto bereit zur Übergabe. Dann kommt der Anruf vom Autovermieter, wo wir denn bleiben. Kurze Diskussion, dann stellt sich heraus, dass mittlerweile wieder die Zeit auf Sommerzeit umgestellt wurde, also eine Stunde vor. Mist. Schnell fährt Thomas den Rest der Crew zum Busbahnhof und gibt dann das Auto ab. Dieses Mal ist auch die dicke Dreckschicht, die unseren Pick-up bedeckt, kein Diskussionspunkt. Das gehört wohl zum Minenfahrzeug dazu. Wird wieder weggewaschen, sagt der Mitarbeiter von Localiza. Dann fährt er Thomas auch noch netterweise in die Stadt zum Rest der Crew. Wir suchen uns noch etwas zum Abendessen, dann geht es mit dem Bus Richtung Süden. Wieder über Nacht.
Ziemlich zerknittert steigen wir am früheren Morgen aus dem Fernbus am Busbahnhof von Santiago aus. Es ist 6 Uhr früh und wir können erst am Nachmittag in unserem Hotel einchecken. So lassen wir das Gepäck am Busbahhof und steigen in die überfüllte U-bahn Richtung Stadtzentrum. Die Züge sind so voll, dass wir erst beim dritten oder vierten Zug überhaupt einsteigen können. Dann werden wir ordentlich zusammengequetscht. Auf der zentralen Einkaufsstraße suchen wir nach einem Cafe, in dem wir uns zum Frühstück hinsetzen könnten. Vergeblich, es gehört hier zur Tradition, dass es in den Cafes keine Stühle gibt sondern nur Stehplätze an der Theke. Viele Männer in Büroanzügen trinken schnell einen fein durftenden Kaffee aus einer echten Espressomaschine. Vor allem Cafe Haiti ist rappelvoll. Natalya hätte zwar liebend gerne so einen leckeren, frisch gebrühten Kaffee, aber für die Kinder sind Stehplätze nach so einer Reise nicht das Passende.
Leider sind heute alle Museen geschlossen. Dafür erwischen wir einen strahlend schönen Frühlingstag. Wir gehen in den Stadtpark Parque Forestal, setzen uns auf eine Bank und lassen die Kinder sich auf dem Spielplatz austoben. Heute kann man das Bergpanorama, das beim letzten Besuch ziemlich von Smog und Nebel verschleiert war, sehr deutlich sehen. Während in den Bergen noch ordentlich viel Schnee liegt, blüht hier unten bereits alles. In den blühenden Bäumen versteckt sich eine ganze Schar Papageien, die einen ordentlichen Krach veranstaltet. Eine ganze Menge Jugendlicher und junger Erwachsenen stiefelt querfeldein durch den Park mit einem Handy vor Augen. Offensichtlich sind sie auf Pockemonjagd. Uns ist es schon in Copiapo aufgefallen, wie populär hier dieses Spiel ist.
Am Nachmittag steigen wir noch auf den Cerro Santa Lucia um den Blick von oben auf die Stadt zu werfen. Nach so einer langen Zeit in der Natur hat das Stadtpanorama mit unzähligen Häusern, Tausenden durch die Straßen fließenden Autos und kleinen Menschen in Ameisengröße was für sich.
Am nächsten Tag verhüllen sich die Berge wieder und ohne Sonne ist es ordentlich kühl. Ein perfekter Tag für einen Museumbesuch. Die Kinder wollen unbedingt ins Kindermuseum, in dem in kindgerechten Weise viele naturwissenschaftliche Phänomene zum Anfassen angeboten werden. Arvid geht dort so lange auf Entdeckung, bis er vor Erschöpfung einschläft.
Für das letzte Segment unserer Reise zurück nach Puerto Montt hat Thomas keinen luxuriösen Bus, sondern die günstigste Variante gebucht, die halb so teuer ist. Die Kinder machen Witze, dass wir entweder im Stehen oder auf der offenen Ladefläche fahren, oder vielleicht beides zusammen? Wie sonst kann man für 12 Euro 1.000 km Bus fahren? Es stellt sich jedoch heraus, dass der Bus ganz anständig ist, fast ebenso bequem wie die teuren und nicht wirklich langsamer. Nach einer Nachtfahrt kommen wir am früheren Morgen im kühlen und nassen Puerto Montt an.