(07.08.2016 – Tag 778)
Mit vollem Tank und ordentlichem Wasservorrat verlassen wir Copiapo ohne ein bestimmtes Ziel im Auge zu haben. Wir wollen die Umgebung von Copiapo erkunden und außerdem unseren Wagen testen. Der Weg führt uns durch ein enges Flusstal. Zu unserer Überraschung führt der Fluss tatsächlich Wasser. Seine Ufer sind von Weinreben gesäumt. Wein aus der Atacama? Haben wir noch nie gehört!
Thomas entdeckt ein braunes Schild mit einem Fotoapparat darauf, das den Weg zu einem hoffentlich lohnenden Fotomotiv weist. Wir verlassen die Hauptstraße und fahren über Stock und Stein. Obwohl unser Auto mit der Strecke kein Problem hat, haben die Passagiere bald genug. Der Weg kann sich nicht mal Schotterpiste nennen. Er besteht aus groben, lose aufgeschütteten Steinen. Die Kinder auf der Rücksitzbank werden hin und her geworfen. Als Thomas eine ordentliche Mulde leicht unterschätzt, fliegen alle in die Luft. So spannend wird das Fotomotiv wohl doch nicht sein. Wir fahren lieber auf die geteerte Straße zurück.
In den kleinem Dorf Los Loros, das mit Sicherheit seine besseren Zeiten schon lange hinter sich hat, machen wir eine kleine Pause. Während die Kinder am Spielplatz im Schatten der Pfefferbäume turnen, schießt Thomas ein Bild von einem stolzen Caballero in seiner Sonntagstracht.
Langsam wird es heiß. Das sind wir gar nicht mehr gewohnt. Wir retten uns in das Auto und fahren weiter. Der nächste Halt ist das mehr als hundert Jahre alte Aquädukt Amolanos, das eher an römische als an chilenische Bauwerke erinnert. Eigentlich sollte es das Wasser des Flusses zur Energiegewinnung nutzen. Aber einige Jahre später kam man zum Schluss, dass ein Stausee, der seltene aber heftige Niederschläge auffangen könnte und somit die Landwirtschaft im Tal vor Überschwemmungen schützen würde, mehr Wert hat, als eine einzige Turbine. Mit dem Bau des Stauseedamms von Lautaro wurde der Aquädukt von der Wasserversorgung abgeschnitten. Das Wasser des Sees sieht bei der Hitze schon sehr einladend. Aber es ist kein Badestrand ausgewiesen, deshalb trauen wir uns nicht hineinzuspringen.
Wir fahren immer höher in die Berge. Bis die Straße an einem einzelnen Gehöft plötzlich endet. Wir steigen aus und klettern am Hang bergauf, um einen besseren Panoramablick zu gewinnen. Die Höhe lässt sich deutlich spüren. Zu schnell gerät man außer Atem. Unser Lärm verscheucht einen Hasen, der im Eiltempo von uns weg flitzt. Unten im Tal sieht man versprengte Schaffe und Ziegen. Scheinbar regnet es hier deutlich mehr als weiter unten, so dass die Tiere rund ums Jahr genug Nahrung finden. Natalya versucht sich noch in aller Ruhe weiter oben umzuschauen, in der Hoffnung mehr Tiere zu sehen. Aber es bleibt heute bei einem Hasen.
Die Kinder setzen sich vergnügt unten in den Schatten eines dornigen Busches und packen den mitgebrachten Schokoladenkuchen aus. Danach geht es wieder Richtung Copiapo. Auf dem Rückweg entdecken wir eine einladend aussehende Ferienhausanlage mit kleinen Holzhütten und einer üppigen Grünanlage. Es sieht richtig luxuriös aus, aber wir fragen sicherheitshalber nach und haben Glück. Die Anlage ist nagelneu, es ist kein Mensch da, und die Preise sind sogar günstiger als unser mehr als bescheidene Hostel im Copiapo.
Den Betreibern scheinen auch die umliegenden Weinfelder zu gehören. Sie verraten uns, dass die Trauben nicht für die Weinherstellung, sondern für den Verzehr bestimmt sind, und überwiegend nach China und Japan exportiert werden. Als wir zwischen den Feldern spazieren gehen, entdecken wir in regelmäßigen Abständen ordentliche Holzhaufen und eingegrabene Teerfässer. Sollten die Temperaturen unter den Gefrierpunkt fallen, werden Feuer entfacht, um die Reben vor dem Erfrieren zu schützen. Selbsverständlich muss jede Rebe auch bewässert werden. Was für ein Aufwand! Da wundert man sich nicht mehr, das eine klitzekleine Tüte Rosinen im Supermarkt fast einen Euro kostet. Am Abend sitzen wir auf unsere Terasse und bewundern das warme Leuchten der Berge in der untergehenden Sonne.
Hallo six on tour,
Ich hoffe alles ist gut, da lange nichts mehr gelesen von euch.
Mit freundlichen Grüßen aus den ungemütlichlichen Norden,
Peter
Hallo Peter,
ja, wir sind etwas hinten dran. Kommt noch. Jetzt waren wir 2,5 Wochen auf hoher See, gestern erst angekommen. Davor viel Arbeit an Bord. Aber 2-3 Berichte sind schon vorbereitet und werden heute oder morgen hochgeladen. Viel Lesestoff zur Atacama 🙂
Grüße aus Ecuador
Thomas