(28.04.2016 – Tag 707 – 12.796 sm)
Wer hätte je gedacht, das wir so schnell nach Los Angeles kommen! Das kleine verschlafene Nest mit einigen hundert Einwohnern liegt auf einer kleinen Insel vor Chiloe. Als wir in die Bucht hineinfahren, macht der Skipper Witze, dass wir hier gar keinen Anker brauchen. Das Wasser ist absolut ruhig, nicht mal ein Windhauch ist zu spüren. Unser Eisen fällt dann auf 25 m Wassertiefe. Es sind dann doch recht viele Bojen der lokalen Fisch- und Muschelzucht in der Bucht.
Am Nordufer schmiegen sich einige Häuser eng aneinander. Davor liegt die „Bushaltestelle“ – ein nagelneuer überdachter Warteraum für die Reisenden. Kleine Fähren bringen Passagiere zu den nah liegenden Dörfern auf anderen Inseln. Einmal die Woche kann man nach Castro fahren. Vom Fahrplan ist keine Rede. Wer die Fähren benutzt wird es schon wissen, wann sie ankommen und ablegen. Ein- und Aussteigen dauert keine fünf Minuten, dann ist die Fähre schon wieder weg.
Wir unternehmen eine kleine Wanderung, um eine alte Holzkirche zu besichtigen. Ein steiler Weg führt auf den Hügel. Im Hof einer der Häuser liegen prall gefüllte Säcke mit reifen Äpfeln. Wir hätten gerne auch was, aber schon wieder haben wir kein Geld mitgenommen. Wir sind es nicht mehr gewohnt, dass man unterwegs etwas kaufen kann.
Die Kirche ist im lokalen Stil gebaut. Leider ist sie geschlossen. Man erinnert sich nur nicht so gerne, dass das Sicherheitsthema in Südamerika nicht überall ohne Belang ist. Obwohl die Kirchen sehr schlicht eingerichtet sind, werden sie nur während des Gottesdienstes geöffnet. Wir laufen ein Stück weiter, bis sich uns ein Blick auf den breiten Golf und die schneebedeckten Berge auf der anderen Seite öffnet. So nett und fast bayerisch wie die Landschaft hier auch ist, uns zieht es auf die kontinentale Seite des Golfo de Ancud, in die Wildnis, in die schroffen Fjorde.
Wir fahren mit dem Dinghy wieder zurück. Die Kinder wollen am Strand spielen, Natalya und Thomas erkunden das Dorf, das offensichtlich schon mal bessere Zeiten gesehen hat. Die Häuser wirken im Gegensatz zum gepflegten Queilen relativ desolat. Rechts der Kirche befindet sich eine Hospedaje – eine kleine Pension. Essen ist aber nur auf Vorbestellung möglich. Hinter dem Dorf führt der Weg durch eingezäunte Kuhwiesen. Einige Tiere stehen andächtig nah am Zaun. Bei dem Versuch der Annäherung laufen sie panisch weg. Alles Fleischlieferanten, für Milch scheint sich hier keiner zu interessieren.
Direkt vor dem Anlegepier finden wir einen Supermercado. Das klingt groß, in Wirklichkeit heißt jeder Laden hier so. Hühner und Küken laufen durch den Verkaufsraum. Der Verkäufer lächelt uns breit an und fragt, ob wir hier mit einer Yacht sind. Wir kaufen eine Tüte voller frischer Tomaten und einige Flaschen Limo. Mehr ist hier nicht zu holen.
Am nächsten Tag feiert Thomas von Kalibu Geburtstag. Bei der Geburtstagsfeier versuchen wir uns zu erinnern, in welchen Teilen der Welt wir die letzten Geburtstage verbracht haben: auf hohe See vor Portugal, in Gambia, Guinea-Bissau, Rio de Janeiro und Uruguay. Man bekommt kaum Geschenke, man kann nicht immer Gäste einladen, aber die Feier an den ungewöhnlichsten Orten bleiben fest in Erinnerung.