(16.02.2016 – Tag 635)
Der Schutz der Caleta ist doch besser, als wir das erwartet hätten. Draußen im Kanal Kirke toben Wind und Wellen. Gischt und Regenwasser fliegen durch die Luft. Schämende Wellenkronen rasen Richtung Osten. Nur ab und zu kommt um die Ecke eine Windböe zu uns und zerrt ein wenig an den Landleinen. Etwas Schwell bringt die Outer Rim in leichtes Schaukeln.
Für einen aufmerksamen Beobachter erweist sich diese Caleta als eine echte Fundgrube. Nirgendwo sonst in den Kanälen haben wir bis jetzt so eine reiche Tierwelt gesehen. Neugierige Seelöwen lugen erstmal vorsichtig um die Ecke, kommen dann näher und spielen zwischen unseren Landleinen. Im Wald flitzen einige Kolibris an Thomas vorbei. Es ist keine einfache Aufgabe sie mit einer Kamera zu erwischen (haben wir bisher auch nicht geschafft). Auf den Landleinen sitzen Kormorane und versuchen das Gleichgewicht zu halten. Ab und zu taucht ein Rotburstfischer direkt am Boot ins Wasser und kommt mit kleinen Fischen im Maul wieder heraus.
Als Vsevolod mit unserem Dinghy herum paddelt, entdeckt er nah am Ufer ein Otter-Pärchen. Eines der Tiere schwimmt direkt zur Outer Rim und reckt den Hals aus dem Wasser, um uns besser sehen zu können. Ab und zu taucht es ein, um sich zu verstecken. Das Wasser ist so klar, dass wir ihn auch unter Wasser schwimmend bestens sehen können.
Trotz der Starkwindwarnung fahren in beide Richtungen Fischer durch. Einer der Fischer legt bei über 30 Knoten Wind längsseits an der Felswand auf der gegenüberliegenden Kanalsseite an, um seinen Wasservorrat am dortigen Wasserfall aufzufüllen. Auch an die Empfehlung, zur Zeit des Stillwassers die Engstelle zu befahren, halten sich die Fischer nicht wirklich. Das reduziert unsere Anspannung vor der Passage etwas.
Wir entdecken im Wald einen alten verkommenen Weg. Thomas und Vsevolod gehen mit einem Teleobjektiv auf Vogeljagd. Als sie nach Hause kommen erzählen sie stolz von einem Kondor, der sich direkt vor ihnen auf einen Baum niedergelassen hat. Natalya betrachtet skeptisch die Bilder und holt die Bestimmungsbücher. Für einen Kondor ist er doch ein wenig klein geraten, und die weiße Maserung fehlt komplett. Prompt wird aus dem stolzen Andenkondor ein … Truthahngeier. Der ist aber nicht (viel) weniger impossant.
Am letzten Abend regnet es so viel, dass wir unseren Wassertank mit einem Trichter versehen einfach offen lassen, um Wasser zu sammeln. Es wird schon kein Vogel sein großes Geschäft darüber erledigen. Als wir später am Abend – es ist schon fast dunkel – im Saloon sitzen, erschreckt sich Franka über eine plötzliche Bewegung auf dem Salondach und schwarze Schatten über unseren Fenstern. Ein Nachtreiher balanciert auf der Reeling, direkt über dem Wassertank. Zwei andere landen auf unseren Fensterscheiben und schlittern darauf herunter. Einige Zeit blieben sie sitzen und lassen sich durch unsere Bewegung und Geräusche nicht aus der Ruhe bringen. Als sie wegziehen, schrauben wir doch den Wassertank sicherheitshalber zu. Wer weiß, wer sich noch in dieser so von Wildleben berstenden Caleta auf unser Deck hinsetzt oder hinlegt.