SY Outer Rim – A Family's Sailing Adventure

Sailing across the world's oceans with four kids

Drei Tage Regen

(07.01.2016 – Tag 596 – 11.256 sm)

Seit Tagen regnet es bei uns ununterbrochen… und wenn der Regen doch einmal eine kurze Pause macht, dann kommt Graupel vom Himmel. Rund um uns tobt ein kräftiges Unwetter. Wir liegen mit vier Landleinen in einer Art Kessel, von allen Seiten durch steile hoch ragende Felswände geschützt. Nur die von oben kommenden kurzen Fallböen bringen Outer Rim ab und zu zum Schaukeln. Und jedes Mal kommt die Böe von einer anderen Seite. Rund um uns sind Berggipfel mit Gletschern bedeckt. Unzählige Wasserfälle mit Schmelz- und Regenwasser schießen an den steilen Klippen in die Caleta Coloane herunter.

Trotz des schlechten Wetters entscheiden Thomas und Natalya sich für einen kurzen Wanderausflug. Die Aussicht auf einen Gletscher zu steigen ist stärker als der Wunsch warm und trocken zu bleiben. In einer Pause zwischen zwei Regensqualls steigen wir ins Dinghy und fahren ans Land. Dieses Mal gibt es keinen richtigen Strand, da das ganze Ufer richtig steil hochgeht. Wir lassen das Dinghy im Wasser und binden es an einen Stein, befestigen es zusätzlich mit einem Anker an einem Bäumchen und steigen den Hügel hinauf. Die Steine sind glitschig und unsere Gummistiefel bieten nicht wirklich den besten Halt. Daher versuchen wir uns lieber durch Vegetation als durch die mit dünnem Moos bewachsenen Felsen zu bewegen.

Dieses Mal ist der Weg zum Gletscher keine große Herausforderung. Nach weniger als einer halben Stunde kommen wir an der Seitenmoräne an. Erst hier können wir die Stärke der Fallböen in vollem Ausmaß erleben. Der Wind wirf uns beinahe um. Ab und zu müssen wir uns hinsetzen, um vom einem besonders sattem Windstoß nicht umgeworfen zu werden. Teilweise werden wir vom Wind über die Steine geschoben. Der Wind dröhnt regelrecht in den Ohren. Dem Geräusch nach schätzen wir seine Stärke auf 50 Knoten oder mehr. Dreht man sich mit dem Gesicht zum Wind, fühlen sich die im Gesicht schlagenden Graupelkörner wie kleine Kanonenkugeln an. Nach wenigen Minuten ist der Spuk vorbei und der Wind bläst wieder in einer normalen Stärke… bis zum nächsten Stoß.

Über die Seitenmoräne steigen wir auf den Gletscher. Es ist schwer zu beschreiben, wie hart das Gletschereis ist. Es fühlt sich härter als Glas oder Beton an. An manchen Stellen kann man tief durch das bläuliche Eis hindurchschauen. Es ist ein komisches Gefühl, wenn man tief unter seinen Füßen Steine sieht. Man hat das Gefühl, man gehe übers Wasser. Entlang der Seitenmoräne steigen wir ins Tal runter. Im Gegensatz zu Hollandagletscher fällt dieser nicht steil ins Wasser ab, sondern bleibt einfach stehen und bildet unzählige kleine Bäche, die sich weiter unten zu einem kurzen Gletscherfluss vereinigen und sein Wasser weiter ins Meer tragen. Auch am Ende ist der Koloss so hoch wie ein mehrstöckiges Haus.

Das Wetter bleibt weiterhin schlecht, aber wir sind weder kalt noch sonderlich nass. Wir freuen uns riesig, wenn für einen kurzen Augenblick am Himmel eine kleine blaue Lücke erscheint. Was für ein strahlendes Blau! Wir beschließen noch mal morgen mit den Kindern beim (hoffentlich) besserem Wetter wieder hierher zu kommen, damit unsere Kinder auch hautnah und nicht nur aus einem Geographiebuch einen Gletscher erleben können. Der Abstieg bereitet keine Schwierigkeiten. Auch hier sind frische Biberspuren zu sehen. Durch dichtes Gras und darin versteckten und offenkundig fließenden Bächlein arbeiten wir uns langsam nach unten … bis Thomas unten unser gekentertes Dinghy entdeckt. Dann ist Eile angesagt. Schnell rennen wir zum Unglücksort herunter. Die Leine wurde anscheinend in einer Böe abgerissen, der Anker hinter dem Bäumchen hat zwar gehalten, konnte aber das Umkippen nicht verhindern. Gemeinsam versuchen wir das Boot wieder umzudrehen. Das Schlauchboot wiegt über Hundert Kilogramm. Weil das Ufer ziemlich steil abfällt, können wir nicht richtig ins Wasser steigen, um eine günstige Hebelpostion zu finden. Thomas steht bis über die Knie im Wasser auf dem einzigen erreichbaren Stein. Nach mehreren gescheiterten Versuchen, nassen Füssen und einige Flüchen schaffen wir es mit Hilfe der nächsten starken Böe das Boot wieder aufzurichten. Zum Glück sind die beiden Paddel noch da. Der einzige Verlust ist unsere Schöpfkelle … und natürlich geht der Motor nach so einer Tauchaktion nicht mehr.

Mit Blick auf ein atemberaubendes Panorama, peitschenden Grapelnböen und im Kreis drehenden Winden rudert Thomas das Dinghy zur Outer Rim zurück. Dort greift Thomas nicht nach einer Tasse heißen Tees, sondern nach Schraubenschlüsseln und Schraubenziehern. Der Dinghymotor muss nach der ausgiebigen Salzwasserdusche schleunigst gereinigt werden. Mit Hilfe von Uwe wird der Motor schnell auseinander genommen und ins Cockpit gebracht. Was für ein Luxus, dass wir eine geschlossene Kuchenbude haben! Hier werden die Motorteile gereinigt, und zum Trocknen ausgelegt. Wir hoffen, dass wir morgen den Motor wieder funktionsfähig bekommen – ist doch ein funktionierendes Dinghy fast lebenswichtig in dieser Region.

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Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 7. Januar 2016 von in Uncategorized.
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