(Tag 558 – 10.507 sm)
Von unserem Ankerplatz in der Caleta Horno bis zu unserem Ziel im Beagle Kanal sind es nicht weniger als 700 Meilen. Eine Strecke, für die wir mindestens 5 Tage brauchen werden. Der Wetterbericht verspricht für den ersten Tag noch moderaten Nordwind. Somit verläuft unser erster Tag auf See ganz friedlich. Es ist weniger Wind als vorhergesagt, und trotz der Warnung des Revierführers ist im Golfo San Jorge, den wir zu überqueren haben, weder starker Wind noch hoher Schwell zu finden. Mit schwachem Nordwind und wenig Welle bewegen wir uns langsam Richtung Süden – bis der Wind uns ganz verlässt. Ohne Wind sind die Wellen doch zu unangenehm und schaukeln das Boot richtig auf. Also Motor an, und weiter geht’s.
Am nächsten Tag wird der Wind wieder stärker, das Barometer fängt an, steil abzufallen. Das deutet auf eine bevorstehende Winddrehung auf Süd hin. Es ist hier immer wieder das gleiche Spiel – der Nordwind schichtet so lange warme Luft unter die aus Süden kommende Kaltluft, bis das System irgendwann zusammenbricht. Dann stürzen die kalten Luftmassen aus dem Süden von oben herab und verursachen eine Windänderung innerhalb von Minuten. Je höher der Druckunterschied, desto heftiger ist das Phänomen. Teilweise wird man unter Vollzeug von Böen mit über 40-50 Knoten bei Richtungsänderung von 180° überrascht. Der aktuelle Wetterbericht bestätigt unsere Beobachtungen und sagt eine kommende Südfront voraus – mit Windstärken um die 30 Knoten. Auf Wind gegenan, was kreuzen gegen Wind und Welle bedeuten würde, haben wir nicht wirklich Lust und entscheiden uns in Puerto Deseado vor dem schlechten Wetter zu verstecken. Bis dorthin sind es aber noch mehr als 40 Meilen und einige Zeit lang sieht es so aus als würden wir es nicht mehr vor dem Kippen der Tide dorthin schaffen würden. Der Hafen liegt in einer Flussmündung und hat einen enormen Tiedenhub und eine daraus resultierende Strömung mit Spitzengeschwindigkeiten bis zu 5 Knoten. Kommt es zu einer Wind gegen Welle Situation vor der Flussmündung, lauern mächtige Brecher von einigen Metern Höhe auf ein einlaufendes Schiff. Mit Unterstützung des Motors und volle gesetzter Genua laufen wir mit 9 Knoten über Grund und schaffen es doch noch rechtzeitig in den sicheren Hafen. Unsere Freunde von der Aramia nehmen das Unwetter in Kauf und segelt durch. Sie sind halt härter im Nehmen als unsere Crew.
Puerto Deseado ist bekannt dafür, dass man schlecht vor Anker liegt. Die Hafenanlagen sind bei 6 Meter Tidenhub nur für große Schiffe geeignet, die wenigen Ankermöglichkeiten direkt an der Stadt bieten keinen ausreichenden Raum zum Swojen und der Ankerplatz am Südufer bietet starke Strömungen und einen längeren Weg in die Stadt. Wir entscheiden uns für letztere Option und lassen den Anker in der nähe des südlichen Flussufers fallen. Unzählige Pinguine schauen uns dabei zu. Ankern in starken Strömungen kennen wir ja aus Guinea-Bissau schon. Sitzt der Anker gut, ist das ja auch kein großes Problem. Wir freuen uns dann sogar darüber, als wir unseren Schleppgenerator brummen hören. Die Strömung ist so stark, dass der Generator damit sogar Strom produzieren kann.
Um von unserem Ankerplatz aus anlanden zu können, müssen wir mit unserem Dinghy den Fluss überqueren und quer zur Strömung fahren. Da freut man sich über einen starken Motor. Das vernünftigste wäre eigentlich, einfach auf dem Boot zu bleiben bis das Unwetter sich verzogen hat und gleich weiter zu segeln. Das geht in Argentinien aber nicht so einfach. Wer einen Hafen anläuft, muss gleich dort einklarieren. Einfach per Funk Formalitäten zu erledigen geht nicht. Ohne lange zu suchen landen wir am großen Betonpier neben den industriellen Fischerbooten an, direkt gegenüber der Prefectura. Kaum sind wir an Land, rücken die Männer von der Prefectura mit ihren Polizeiwagen zu uns aus. Mit vier Beamten entsteht eine lange Diskussion darüber, dass dieser Steg nur für große Schiffe und keinesfalls für Schlauchboote geeignet sei und es ja viel zu gefährlich sei, hier mit Kindern anzulanden. Die Beamten lassen sich aber erbarmen, und wenigstens den Besuch der Prefectura dürfen wir gleich hier erledigen.
In der Prefectura muss Thomas zum dritten Mal eine eidesstattliche Erklärung unterschreiben, dass wir nicht zu den "Malvinas argentinas" – den Falklandinseln – fahren. Eigentlich würde wir gerne auch gleich ausklarieren, aber es geht nicht. Thomas muss morgen noch mal vorbeikommen. Alle Beamten sind sehr nett und zuvorkommend, aber bürokratische Vorschriften sind einzuhalten und können unter keinen Umständen von einem Beamten gelockert werden. Als Ausgleich bekommen Talora und Arvid von der Prefectura Bonbons. Nachdem alle Formalitäten erledigt sind wollen wir den Landgang gleich dazu nutzen, unseren Proviant etwas aufzustocken. Die Kühlschrankbestände sind nach zwei Wochen in der Wildnis ziemlich dezimiert. Daher verlegen wir das Dinghy zum Club Nautico. Das ist zwar ein wohlklingender Name, aber mit Segelclub hat das wenig zu tun. Wir sehen kein einziges Boot im Wasser oder an Land. Es gibt keine Bojen oder Stege. Alles was wir finden ist eine kleine Anlandestelle mit dem Ansatz eines Schwimmpontoons. Dieser fällt bei Niedrigwasser allerdings komplett trocken. Wir müssen uns mit dem Einkauf also ziemlich beeilen – oder das Dinghy nach dem Trockenfallen ins Wasser schleppen. Daher nehmen wir ein Taxi, welches uns ein freundlicher Mann in einem Fotoladen in der Nähe bestellt. Die Stadt sieht recht trostlos aus, manche Straßen erwecken einen ziemlich kriminellen Eindruck. Hier möchte man nicht im Dunkeln alleine spazieren gehen. Beladen mit (relativ) frischem Obst, Gemüse und Milchprodukten fahren wir zurück zur Outer Rim. Von der Vielfalt und Frische an Obst und Gemüse in Brasilien bleiben uns nur schöne Erinnerungen. Wer das Ende der Welt sehen möchte, muss mit Kohl und Karotten Vorlieb nehmen. Als wir zurück kommen hat die Tide bereits gekippt und der Anker hat bewiesen, dass wir ihn richtig eingegraben haben. Das Boot ist immer noch an der gleichen Stelle. Die Wetterfront ist schon durchgezogen, das Barometer steigt, der Himmel ist unglaublich blau, wie frisch gewaschen.
Von unserem Ankerplatz in der Caleta Horno bis zu unserem Ziel im Beagle Kanal sind es nicht weniger als 700 Meilen. Eine Strecke, für die wir mindestens 5 Tage brauchen werden. Der Wetterbericht verspricht für den ersten Tag noch moderaten Nordwind. Somit verläuft unser erster Tag auf See ganz friedlich. Es ist weniger Wind als vorhergesagt, und trotz der Warnung des Revierführers ist im Golfo San Jorge, den wir zu überqueren haben, weder starker Wind noch hoher Schwell zu finden. Mit schwachem Nordwind und wenig Welle bewegen wir uns langsam Richtung Süden – bis der Wind uns ganz verlässt. Ohne Wind sind die Wellen doch zu unangenehm und schaukeln das Boot richtig auf. Also Motor an, und weiter geht’s.
Am nächsten Tag wird der Wind wieder stärker, das Barometer fängt an, steil abzufallen. Das deutet auf eine bevorstehende Winddrehung auf Süd hin. Es ist hier immer wieder das gleiche Spiel – der Nordwind schichtet so lange warme Luft unter die aus Süden kommende Kaltluft, bis das System irgendwann zusammenbricht. Dann stürzen die kalten Luftmassen aus dem Süden von oben herab und verursachen eine Windänderung innerhalb von Minuten. Je höher der Druckunterschied, desto heftiger ist das Phänomen. Teilweise wird man unter Vollzeug von Böen mit über 40-50 Knoten bei Richtungsänderung von 180° überrascht. Der aktuelle Wetterbericht bestätigt unsere Beobachtungen und sagt eine kommende Südfront voraus – mit Windstärken um die 30 Knoten. Auf Wind gegenan, was kreuzen gegen Wind und Welle bedeuten würde, haben wir nicht wirklich Lust und entscheiden uns in Puerto Deseado vor dem schlechten Wetter zu verstecken. Bis dorthin sind es aber noch mehr als 40 Meilen und einige Zeit lang sieht es so aus als würden wir es nicht mehr vor dem Kippen der Tide dorthin schaffen würden. Der Hafen liegt in einer Flussmündung und hat einen enormen Tiedenhub und eine daraus resultierende Strömung mit Spitzengeschwindigkeiten bis zu 5 Knoten. Kommt es zu einer Wind gegen Welle Situation vor der Flussmündung, lauern mächtige Brecher von einigen Metern Höhe auf ein einlaufendes Schiff. Mit Unterstützung des Motors und volle gesetzter Genua laufen wir mit 9 Knoten über Grund und schaffen es doch noch rechtzeitig in den sicheren Hafen. Unsere Freunde von der Aramia nehmen das Unwetter in Kauf und segelt durch. Sie sind halt härter im Nehmen als unsere Crew.
Puerto Deseado ist bekannt dafür, dass man schlecht vor Anker liegt. Die Hafenanlagen sind bei 6 Meter Tidenhub nur für große Schiffe geeignet, die wenigen Ankermöglichkeiten direkt an der Stadt bieten keinen ausreichenden Raum zum Swojen und der Ankerplatz am Südufer bietet starke Strömungen und einen längeren Weg in die Stadt. Wir entscheiden uns für letztere Option und lassen den Anker in der nähe des südlichen Flussufers fallen. Unzählige Pinguine schauen uns dabei zu. Ankern in starken Strömungen kennen wir ja aus Guinea-Bissau schon. Sitzt der Anker gut, ist das ja auch kein großes Problem. Wir freuen uns dann sogar darüber, als wir unseren Schleppgenerator brummen hören. Die Strömung ist so stark, dass der Generator damit sogar Strom produzieren kann.
Um von unserem Ankerplatz aus anlanden zu können, müssen wir mit unserem Dinghy den Fluss überqueren und quer zur Strömung fahren. Da freut man sich über einen starken Motor. Das vernünftigste wäre eigentlich, einfach auf dem Boot zu bleiben bis das Unwetter sich verzogen hat und gleich weiter zu segeln. Das geht in Argentinien aber nicht so einfach. Wer einen Hafen anläuft, muss gleich dort einklarieren. Einfach per Funk Formalitäten zu erledigen geht nicht. Ohne lange zu suchen landen wir am großen Betonpier neben den industriellen Fischerbooten an, direkt gegenüber der Prefectura. Kaum sind wir an Land, rücken die Männer von der Prefectura mit ihren Polizeiwagen zu uns aus. Mit vier Beamten entsteht eine lange Diskussion darüber, dass dieser Steg nur für große Schiffe und keinesfalls für Schlauchboote geeignet sei und es ja viel zu gefährlich sei, hier mit Kindern anzulanden. Die Beamten lassen sich aber erbarmen, und wenigstens den Besuch der Prefectura dürfen wir gleich hier erledigen.
In der Prefectura muss Thomas zum dritten Mal eine eidesstattliche Erklärung unterschreiben, dass wir nicht zu den "Malvinas argentinas" – den Falklandinseln – fahren. Eigentlich würde wir gerne auch gleich ausklarieren, aber es geht nicht. Thomas muss morgen noch mal vorbeikommen. Alle Beamten sind sehr nett und zuvorkommend, aber bürokratische Vorschriften sind einzuhalten und können unter keinen Umständen von einem Beamten gelockert werden. Als Ausgleich bekommen Talora und Arvid von der Prefectura Bonbons. Nachdem alle Formalitäten erledigt sind wollen wir den Landgang gleich dazu nutzen, unseren Proviant etwas aufzustocken. Die Kühlschrankbestände sind nach zwei Wochen in der Wildnis ziemlich dezimiert. Daher verlegen wir das Dinghy zum Club Nautico. Das ist zwar ein wohlklingender Name, aber mit Segelclub hat das wenig zu tun. Wir sehen kein einziges Boot im Wasser oder an Land. Es gibt keine Bojen oder Stege. Alles was wir finden ist eine kleine Anlandestelle mit dem Ansatz eines Schwimmpontoons. Dieser fällt bei Niedrigwasser allerdings komplett trocken. Wir müssen uns mit dem Einkauf also ziemlich beeilen – oder das Dinghy nach dem Trockenfallen ins Wasser schleppen. Daher nehmen wir ein Taxi, welches uns ein freundlicher Mann in einem Fotoladen in der Nähe bestellt. Die Stadt sieht recht trostlos aus, manche Straßen erwecken einen ziemlich kriminellen Eindruck. Hier möchte man nicht im Dunkeln alleine spazieren gehen. Beladen mit (relativ) frischem Obst, Gemüse und Milchprodukten fahren wir zurück zur Outer Rim. Von der Vielfalt und Frische an Obst und Gemüse in Brasilien bleiben uns nur schöne Erinnerungen. Wer das Ende der Welt sehen möchte, muss mit Kohl und Karotten Vorlieb nehmen. Als wir zurück kommen hat die Tide bereits gekippt und der Anker hat bewiesen, dass wir ihn richtig eingegraben haben. Das Boot ist immer noch an der gleichen Stelle. Die Wetterfront ist schon durchgezogen, das Barometer steigt, der Himmel ist unglaublich blau, wie frisch gewaschen.