(Tag 539)
Mar del Plata gewinnt mit großem Abstand den Wettbewerb "wie kann ich einen paradiesischen Ort am hässlichsten verbauen". Sanfte türkisfarbene Wellen rollen an den feinen Sandstrand. Am strahlend blauem Himmel ziehen die Schönwetterwolken vorbei. In der Ferne verschwindet ein weißes Segel am Horizont. Unsere Kinder zieht der Stand in seinen Bann. Arvid hüpft fröhlich durch das seichte Wasser, Vsevolod fragt zwanzig Mal nach, ob wir noch einmal hierher kommen können, obwohl er schon im Voraus die Antwort kennt. Das Ganze wird von mehrstöckigen Betonhäusern umrahmt, soweit das Auge reicht. Stadtplanung scheint hier ein Fremdwort zu sein, und wenn, dann geht es nur um Funktionalität: wie bringe ich möglichst viele Badegäste aus der Mittelklasse so nah wie es geht am Strand unter?
Die Marina ist für das was sie bietet sehr teuer. Keine Tankstelle, kein Aufenthaltsraum, kein Internet am Boot. Die Kinder, und vor allem Arvid, freuen sich über einen kleinen Spielplatz mit einer Rutsche und zwei Schaukeln. Wasser bekommt man umsonst, dafür kostet Strom etwa 15 Euro am Tag. Neben uns liegen viele exklusive Boote, Bavaria oder Beneteau sucht man hier vergeblich. Aber auch einige kleine Jollen, die gerne und häufig raus gesegelt werden. Neben uns liegt ein französisches Boot, Franka geht mit ihrem Schulbuch zu Jean-Claude, um mit ihm Vorlesen zu üben. Im Puerto Madryn oder Ushuaja wollen wir dann gemeinsam testen, wie weit sie in der Zeit fortgeschritten ist. Französisch nur mit einem Lehrbuch zu lernen ist schon eine schwere Aufgabe. Wir sind gespannt, wie unsere Kinder sie bewältigen.
Arvid erlebt seine Umgebung jetzt viel bewusster als noch vor einigen Wochen und versucht auf seine Weise die für ihn neue Situationen zu bewältigen. Als er im Supermarkt hört, dass Bananen für den nächsten Törn bestimmt sie, schlägt er vor, dass er keine Bananen mehr isst, dann müssen wir nicht mehr ablegen. Zuhause angekommen, überlegt er, was er mitnimmt, sucht sich aus seiner Spielzugkiste einen Bagger und drei Boote und legt sie zu sich ins Bett. Dann versucht der kleine Kerl noch das Konzept: "ohne mich ablegen", aber kann sich nicht entscheiden, wo er dann schläft, wenn das Boot weg ist. Aber eigentlich macht ihm das Segeln Spaß und er freut sich immer wieder über neue Orte. Wahrscheinlich macht er sich derzeit nur Sorgen, dass seine Freunde von der SY Kalibu nicht schnell genug nachkommen, wenn wir morgen schon wieder ablegen.