SY Outer Rim – A Family's Sailing Adventure

Sailing across the world's oceans with four kids

Äquator

(Tag 333 – 6.128 sm)

Auch wenn der Äquator nur eine imaginäre Trennungslinie zwischen den Halbkugeln unserer Erde ist, so ist es doch ein besonderes Ereignis für einen Segler, auf eigenem Kiel diese Linie zu überqueren. Seit heute morgen kurz nach 3 Uhr UTC ist es für uns Realität: Wir sind auf der Südhalbkugel. Alle an Bord freuen sich natürlich, dies gemeinsam geschafft zu haben. Aktiv erlebt hat den Augenblick nur Thomas, der in der Nacht einsam Wache an Deck schob, während die anderen ruhig in ihren Betten schlummerten.

Hinter uns liegen bereits fast acht Tage auf See, die uns durch die anstrengenden Breiten der Kalmen führten. Anstrengend, weil sich dort die Wind- und Wellengebiete des Nord- und Südatlantiks treffen. Das bedeutet für den Segler leider meist kein oder wenig Wind bei sich kreuzenden Wellenbildern. Dazwischen ziehen dann immer wieder Gewitterfronten durch, die heftigen Platzregen und vor Allem Starkwind mitbringen. Da dreht dann der Windmesser innerhalb von zwei oder drei Minuten von 5 Knoten auf über 30 Knoten hoch. Die Windrichtung dreht um bis zu 180°. Wenn man darauf nicht vorbereitet ist, dann schlägt schon mal der Baum oder man ist hoffnungslos übertakelt, d.h. hat zu viel Segelfläche draußen. Dank unseres Radars haben wir aber die Regengebiete stets frühzeitig gesehen und konnten uns vorbereiten, um dann während des Starkwinds ein bisschen Spaß am Segeln zu haben.

Den Rest des Tages mussten wir uns nämlich sonst mit Geschwindigkeiten von 2-3 Knoten, teils weniger, zufrieden geben. Stand anfangs der Wind noch auf Amwind-Kurs, so drehte er dann weiter südlich auf Raum bis Vorwind. Das war dann mit unserem Rigg nicht mehr segelbar. Die Wellen schaukeln das Schiff teilweise so sehr, dass das auf Baum und Segel übertragene Moment zu groß ist, um vom geringen Winddruck kompensiert zu werden. Resultat waren schlagender Baum und an den Wanten scheuernde Segel. Um Schäden zu vermeiden, musste dann also der Motor ran. Teilweise ging es dann auch, mit unserem Leichtwindsegel, dem Gennaker, zu fahren. Der ist aber dermaßen anstrengend zu setzen und v.a. zu bergen, dass wir uns das in den Gebieten mit starker Gewitterwahrscheinlichkeit nicht zutrauten.

Seit zwei Tagen bläst jetzt ein beständiger Wind aus Osten, der uns auf raumem Kurs (Wind schräg vom achtern) Richtung Brasilien schiebt. Laut Wetterbericht, soll das auch so weiter anhalten. Mal sehen. Jedenfalls macht es Spaß, wieder die 7 Knoten Geschwindigkeit zu überschreiten. Wenn das Wasser um das Schiff herum rauscht und nicht mehr plätschert, ist der Segler glücklich. Die Wellen sind mit 1,5 bis 2 Meter auch moderat, so dass alle Spaß am Vorwärtskommen haben.

Die Kinder lesen viel, wenn nicht gerade Bordunterricht oder Haushaltsarbeiten angesagt sind. Franka hatte vor Kurzem von einer Freundin den ersten Band von Harry Potter ausgeliehen bekommen. Jetzt hat sie schon Band vier fast beendet. Ob sie es schafft, bis Brasilien auch bis zum siebten zu kommen? Wenn die See es zulässt, werden von der Badeplattform Füße gebadet. Die See ist so warm wie in einem Babybecken im Schwimmbad. Bei Flaute ist Natalya ins Wasser gesprungen, um das Unterwasserschiff zu untersuchen. Man sieht ganz klar das Schiff bis zu dem Kiel, als und auch viele Meter weiter herunter. Es ist ein aufregendes Gefühl, über einen 5.000 Meter tiefen Abgrund zu schweben.

Es ist verblüffend, dass man selbst in 2.000 km Entfernung zum nächsten Land Seevögel ihre Kreise über dem Wasser ziehen sieht. Sie schießen teils nur 10-20 cm über der Wasseroberfläche auf Suche nach Fisch dahin. Neulich wollte sich eine Seeschwalbe in unserem Cockpit ausruhen. Sie machte es sich in einer Stofffalte unserer Sprayhood bequem und ließ auch die Foto-Session geduldig über sich ergehen. Nach einer Weile baten wir sie freundlich aber bestimmt, das Schiff zu verlassen. Ein befreundeter Segler hatte auf seiner Fahrt nach Brasilien auch einen Vogel als Gast und musste danach das Schiff von den ganzen Hinterlassenschaften des Tieres befreien. Das wollten wir vermeiden.

Ansonsten kommen immer mal wieder Delfine am Schiff vorbei und spielen vor unserem Bug. Auch durften wir eine solche Schule bei Fischen beobachten. Immer wieder stießen sie in Reihen synchron schwimmend und springend vor und kreisten scheinbar die Fische unter Wasser ein. Ein paar Schwertfische schlossen sich der Jagd an. Ein tolles Schauspiel.

Unser Aufbruch aus Guinea-Bissau vor knapp acht Tagen war etwas abrupter, als wir das geplant hatten. Wir hatten uns ja schon gut in Bissau und Bubaque verproviantiert und alle Vorbereitungsarbeiten an Bord inkl. Check des Riggs weitgehend abgeschlossen. Allein das Unterwasserschiff wollten wir noch abtauchen und etwas reinigen. So war eigentlich alles klar für unsere Überfahrt. Bevor es endgültig losgehen sollte, wollten wir noch einen Abstecher auf ein paar kleine Inseln des Bijagos-Archipels unternehmen. Die Inseln versprachen Sandstrände, unberührte Natur und vielleicht auch die Sichtung von Meeresschildkröten. Und da die Inseln eh fast auf dem Weg nach Brasilien lagen, warfen wir dort zusammen mit der SY Kalibu unseren Anker unweit der Insel Meio. Uns umgaben drei Inseln mit kilometerlangen Sandstränden. Die Vorfreude auf ein paar Tage hier war groß.

Da hatten wir aber die Rechnung ohne die örtlichen Regularien gemacht. Kurz bevor wir an Land gehen wollten, hielt ein größeres Stahlboot mit drei Männern an Bord auf uns zu. Nachdem sie längsseits gegangen waren, begann die Diskussion über Eintritt, Gebühren und Strafen. Wie sich herausstellte, befanden wir uns in einem Nationalpark. Das hatte uns natürlich keiner vorher gesagt. Weder im Revier- noch im Reiseführer ist das erwähnt. Und auch in Bubaque hatten wir mit mehreren Offiziellen über unser Ziel gesprochen. Keiner wies auf eine Reglementierung hin. Das was uns nun fehlte, waren Eintrittskarten für 1,50 EUR pro Person. Eigentlich nicht viel, und wir hätte uns diese natürlich besorgt, wenn wir davon gewusst hätten. Nun, jetzt standen bzw. ankerten wir dort ohne Eintrittskarten. Die Strafe dafür sollte sich auf ca. 800 EUR pro Boot belaufen. Wie auch immer sich diese Summe ableitete.

Es wurde dann mit Bubaque und dem Parkdirektor gefunkt und hin und her diskutiert. Man bestand auf die Zahlung der Strafe und wollte sogar unsere Schiffspapiere beschlagnahmen. Das ließen wir nicht zu. Wir sagten, dass wir nach Bubaque fahren würden um das mit der Parkdirektion direkt zu besprechen. Notgedrungen ließ man uns gehen. An Bord wurde schnell alles seefest gemacht. Wir schafften auch noch 200 Liter Trinkwasser zur Kalibu, da deren Wassermacher nicht zuverlässig funktioniert. Und dann segelten wir erst ein Stück Richtung Bubaque, um dann im Sonnenuntergang nach Südwesten Richtung Brasilien abzudrehen. Ohne Navigationslichter und in einer Stimmung von Verfolgungsjagd fuhren wir durch die Gewässer von Guinea-Bissau. Erst nachdem Verlassen des Landes wurde das Licht wieder angeschaltet.

Jetzt sitzt wahrscheinlich ein ärgerlicher Parkdirektor in Bubaque, der um seine entgangenen 1.600 EUR trauert. Wir wissen nicht, ob es hier nur um ein Exempel oder um persönliche Bereicherung oder etwas anderes ging. Für uns war es dann etwas schade, dass wir unseren Besuch der Bijagos-Inseln nicht langsam am Strand und mit Lagerfeuer haben ausklingen lassen können.

Im Endeffekt heißt das aber auch, ein paar Tage früher in Brasilien zu sein. Und damit haben wir auch nicht das schlechteste Ziel. Es soll erst einmal nach Salvador de Bahia gehen, wo wir einige Tage liegen werden. Dann steht ein längerer Heimataufenthalt in Deutschland an. Da freuen wir uns natürlich, wieder Familie und Freunde zu treffen. Aber bis dahin müssen wir noch mehr als 1000 Meilen segeln.

Flaute in den Kalmen

Flaute in den Kalmen

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Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 19. April 2015 von in Uncategorized.
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