SY Outer Rim – A Family's Sailing Adventure

Sailing across the world's oceans with four kids

Durch die Mangroven im Sine-Saloum-Delta

(Tag 238 – 4.447 sm)

Nach Wochen im Großstadtleben von Dakar, erleben wir seit 10 Tagen ein großartiges Kontrastprogramm mit viel Natur und ursprünglicher afrikanischer Kultur. Nach einem entspannten Segeltag erreichen unseren ersten Ankerplatz im Saloum- Delta. Der Anker fällt in einer gut geschützten Bucht vor einem kleinem Ressort, das aber verlassen wirkt. Vom nahe gelegenen Steg legen Pirogen ab, die hier in der Flusslandschaft Autos, Züge und Flugzeuge ersetzen. Viele kleine Dörfer sind nur über Wasser zu erreichen. Es ist erstaunlich, wie viele Fahrgäste so eine kleine Piroge aufnehmen kann, und wie ruhig sie alle sitzen bleiben. Ein Schiff mit so vielen Weißen wäre wahrscheinlich schon vor dem Ablegen gekentert.

Am nächsten Tag lassen wir unser Schlauchboot ins Wasser und fahren an Land. Ein Einheimischer packt kurzerhand sein Angelzeug weg und hilft uns, das Dinghy an Land zu ziehen. Natürlich begleitet er uns auf dem 2 km langen Weg in sein Dorf. Ein anderer erklärt sich währenddessen bereit, auf unser Beiboot aufzupassen. Da beide nicht zu sehr aufdringlich wirken, nehmen wir ihre Hilfe an. Am Ufer des Saloums sehen wir unsere ersten Baobabs. Die Bäume überragen die Landschaft und wirken majestätisch. Die meisten von ihnen tragen zur Trockenzeit gar keine Blätter und nur vereinzelt Früchte. Fast alles vom Baobab findet Verwendung bei der lokalen Bevölkerung. Blätter werden gegessen, aus den Früchten wird Medizin gegen alle mögliche Gebrechen zubereitet. Außer Baobabs wachsen hier auch Karitebäume, aus dessen Früchten man Sheabutter und Seife herstellen kann. Obwohl Afrika als einziger Kontinent sich nicht selber ernähren kann, war es nicht immer so. Sheabutter war früher das wichtigste Speisefett in der Region. Man musste nicht Butter oder Sonnenblumenöl aus Europa importieren. Da es hier keine der in Europa verbreiteten Getreidesorten gut gedeiht, war früher Hirse das Hauptnahrungsmittel. Heute findet man Hirse nicht mehr so oft auf dem Speiseplan der lokalen Bevölkerung, dafür wird fast jeden Tag Reis gegessen, der hauptsächlich aus Asien importiert wird. Fast in jedem Laden findet man 25 kg große Reisesäcke. Gleichzeitig pachten große asiatische Industrienationen wie China und Korea in Afrika große Gebiete der landwirtschaftlich gut nutzbaren Landes um ihre Bevölkerung ernähren zu können. Der Profit landet in den Taschen der korrupten Regierungen, einfache Bevölkerung bekommt für ihre eigene Zwecke nur kleine Landstücke, und muss schauen, wie sie damit über die Runden kommt. Industrie gibt es so gut wie keine. Landwirtschaft ist für viele eine einzige Existenzquelle.

Unser Guide führt uns zu seinem Dorf. Die Dorfbewohner sind sehr nett, manche kommen auf die Straße heraus, um uns zu begrüßen. Fließendes Wasser gibt es keines. Am Ortseingang waschen Frauen die Wäsche auf einer Wiese und legen sie großflächig auf dem Boden zum Trocknen aus. In der Mitte des Dorfes holen Kinder Wasser mit Kanistern aus einem Brunnen. Das Dorf besitzt eine kleine Schule, und sogar einen Kindergarten. Nicht jedes Kind kommt in Senegal in die Schule, und von denen die es doch dürfen, schafft nur ein Bruchteil einen Abschluss. Mehr als 70% der Erwachsenen in Senegal sind Analphabeten. Wir lassen uns von einer Pferdekutsche wieder zum Boot zurück bringen. Für unsere Kinder ist das der Höhepunkt des Tages. Sie sitzen ganz vergnügt auf dem holprigen Gefährt und genießen die Fahrt am Strand entlang. Natalya und Thomas versuchen sich krampfhaft festzuhalten – drei Erwachsene, zwei Jugendliche und vier Kinder ist ein bisschen zu viel für die kleine Sitzfläche.

Noch am Abend wollen wir die umliegenden Mangroven und deren Vogelwelt erkunden. Also nehmen wir unser Dinghy und fahren einfach etwas weiter in die Natur hinein. Fast die gesamte Uferlinie ist mit dichten Mangrovenbäumen bewachsen. Ihre Luftwurzeln reichen bis tief in das Wasser hinein. So halten sie das Sediment fest und befestigen die Uferlinie. An den Wurzeln wachsen Muscheln und Austern, die Äste hängen weit über das Wasser und die untersten Blätter markieren den Hochwasserstand – ein praktisches Hilfsmittel, um die Tidenstände abzulesen.

Auf der erste Erkundungsfahrt sind wir auch schon ziemlich erfolgreich. So sehen wir einen Eisvogel von Nahem, ein Pelikan setzt sich neben uns ins Wasser und unzählige Schnepfen und andere Seevögel lassen sich teilweise geduldig vom Bordfotografen ablichten. Die Gewässer hier sind so fischreich, dass sich die vielen Reiher, Kraniche, Möven und Seeschwalben gut ernähren können. Ständig sieht man sie an den flacheren Uferstellen fischen oder sich im Sturzflug ins Wasser stürzen. Nicht selten kommen sie dann mit einem Fisch im Schnabel wieder hoch. Ein tolles Schauspiel.

Am nächsten Morgen ging es erst mal weiter den Fluss Saloum hinauf. Der Fluss ist breit und ausreichend tief, so dass die Fahrt bis nach Fondiougne kein Problem darstellt. Allein die vielen Stellnetze im Fahrwasser waren etwas nervig. Sie sind an mit Holzstangen verbundenen Schwimmkörpern befestigt und kommen meist in Dutzenden vor. Wir sind durch die kleinen Lücken zwischen den Netzen hindurchgefahren, aber nicht ohne jedes Mal ein schlechtes Gefühl zu haben. Nicht auszudenken, würden wir uns ein solches Netz in den Propeller einfangen und dann manövrierunfähig im Fluss treiben. Aber glücklicherweise ist alles gut gegangen, und wir kommen gegen Mittag in Fondiougne an. Es stellt sich aber heraus, dass wir uns die Fahrt hätten sparen können. Der kleine Ort hat nicht viel zu bieten. Er ist geprägt von einer Anlegestelle für eine Fähre zum gegenüberliegenden Flussufer. Darum herum haben sich viele kleine Geschäfte und Stände angesiedelt. Wir freuen uns, wieder etwas frisches Gemüse kaufen zu können. Und dann finden wir noch eine kleine Bäckerei, wo wir uns ein paar kleine Kuchen kaufen, die dann auch gleich zur Freude aller verspeist werden.

Weitaus spannender war dann der nächste Tag. Es sollte in das eigentliche Mangrovengebiet des Saloum-Deltas gehen. Dazu wollten wir in den Sangako, einen Seitenarm des Saloum einfahren. Klar haben wir dafür eine Seekarte an Bord, die aber schon viele Jahre alt ist und nur ungenügend detailliert ist. Dazu kommt, dass die Tidenströmungen hier so stark sind, dass Sandbänke permanent umgeschichtet und verschoben werden. Und da man ja leider nicht unter die Wasseroberfläche sehen kann, sind tiefe und flache Stellen nicht erkennbar. Unter den Voraussetzungen hatte Thomas schon seit Tagen Bedenken, ob wir da wirklich in den Sangako fahren sollten. Wir haben es dennoch probieren … und fuhren auch gleich zu Beginn auf eine Sandbank. Da saßen wir dann erst mal für eine halbe Stunde fest. Dann ging es eine Seemeile weiter wo wieder eine Sandbank in der Karte eingezeichnet war. Es musste also ein Weg herum gefunden werden. Wir sind immer wieder an unterschiedlichen Stellen auf die Sandbank zugefahren und haben die Tiefe getestet, aber keinen Weg herum oder hindurch gefunden. Stattdessen saßen wir irgendwann wieder fest. Es hat wieder eine halbe Stunde gedauert, bis wir wieder flott waren. Thomas war schon echt frustriert und wollte aufgeben. Aber wir haben es dann doch noch geschafft, in den Kanal einzufahren. Von dort aus ging es einige Meilen in die Mangroven hinein, bis wir erschöpft den Anker fallen ließen.

So ging es auch die nächsten Tage etappenweise weiter durch die Flusslandschaft. Ständiges Beobachten des Tiefenmessers und des Sonars war ziemlich anstrengend. Sandbänke tauchten plötzlich auch in der Mitte des Flusses auf und wir mussten mit Vollgas abstoppen. Bremsen mit einem Schiff ist ja nicht so einfach. Wir konnten aber vermeiden, nochmals festzusitzen. Je weiter wir kamen desto mehr Erfahrung hatten wir auch im „Lesen“ des Flusses. Wenn man aufpasst erkennt man wo Flachstellen sind und wo die tiefsten Stellen sein könnten. Mit 2,35m Tiefgang und teilweise nur 1m eingetragene Kartentiefe gab es viele spannende Stellen, die wir aber bisher immer gut gemeistert haben.

Die Mühe hat sich echt gelohnt. Wir sind hier umgeben von unglaublich schöner Natur, unzähligen Vögeln und beeindruckender Stille. Jeden Tag sind wir auf Exkursionen per Dinghy unterwegs gewesen – bewaffnet mit unserem Photo mit Teleobjektiv. Wir sehen Eisvögel, Reiher und andere Vögel hautnah beim Jagen. Die Kinder haben ihren Spaß beim Erkunden von unbewohnten Inseln im Mangrovendickicht. Dort wachsen mächtige Baobab, dichtes Gebüsch und teilweise auch Baumwolle. Löcher im Boden oder Haufen aus Erde laden zu Spekulationen über ihre Bewohner ein. Dazwischen fliegen immer wieder Sittiche herum – ansonsten Ruhe und Stille.

Vor drei Tagen sind wir in Toubakouta angekommen, einer Siedlung am Bandiala, der sich dem Sangako anschließt. Dort haben wir uns mit einem befreundeten Seglerpaar getroffen, die wir schon von den Kanaren kennen. Ein freudiges Wiedersehen!

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Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 14. Januar 2015 von in Uncategorized.
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