(Tag 202 – 3.811 sm)
Zwei Tage lagen wir in Santa Luzia vor Anker. Die Bucht ist traumhaft schön, aber zum Anladen mit Kleinkindern und Säuglingen wegen der Brandung ehr ungeeignet. Wir haben daher vom Boot aus gebadet und auf eine Dinghy-Fahrt an den Strand verzichtet. Trotzdem war es schön und sehr entspannend. Die Natur ist einfach traumhaft.
Hier auf den Inseln gibt es das Phänomen, dass sich Winde durch die Geometrie der Berge verstärken und umlenken. Das hatten wir in Mindelo schon erlebt. Auf Santa Luzia ging es uns ebenso. In der Nacht von Samstag auf Sonntag blies der Wind in Spitzen mit über 40 Knoten über uns hinweg. Teilweise hat sich unser „Schisser“ – der Windgenerator – aus Sicherheitsgründen automatisch abgeschaltet. Gut, dass wir im Vorfeld schon den Anker überprüft hatten und zweimal neu eingefahren. Mit 80 Meter Kette lagen wir dann trotz des Windes sehr sicher und ruhig.
Am Montag bliesen wir dann wieder zum Aufbruch. Kurz nach 9 Uhr morgens ging es bei schönstem Wetter nach Osten Richtung Sao Nicolau. Dass der Wind aus Nordosten kommen würde war bekannt und ist auch fast jeden Tag hier so. Also mussten wir hart am Wind segeln. Thomas trimmte das Boot so nah an den Wind wie möglich, um Kurz auf Tarrafal auf Sao Nicolau halten zu können. Das war zu Beginn etwas frustrierend, da wir dadurch nur mit 5 Knoten vorwärts kamen, wurde aber dann später immer besser. Am Schluss lief die Outer Rim mit teilweise bis zu 9 Knoten am Wind. Damit waren wir schon sehr zufrieden.
Am Tag vorher hatten wir uns noch einen Wetterbericht über Satellitentelefon besorgt. Der sagte bis zu 7 bft voraus und Welle „rough“ bis „very rough“. Das klang nicht wirklich erbaulich, aber wir mussten da durch. Natalya hat sich schon den ganzen Sonntagnachmittag Gedanken gemacht, wie das wieder werden wird. Wir hatten alle noch die Überfahrt von Mindelo nach Santa Luzia im Kopf, auf fast alle den Mageninhalt der See übergeben mussten. Umso mehr freuten wir uns dann, dass der Wetterbericht falsch lag. Die Welle war sehr sanft, der Wind anfangs ehr etwas zu schwach und ach sonst keine Umwegbarkeiten erkennbar. So segelten wir in schönstem Sonntagssegelwetter an den Vogelschutzinseln Razo und Branco vorbei nach Sao Nicolau.
In Tarrafal an der Westküste der Insel fiel unser Anker dann auf ca. 10 Meter Tiefe bei fast Windstille. Dabei ist das Ankern bei Flaute gar nicht so einfach. Man muss sich ja stets von den Nachbar-Booten frei halten und deren Kettenlänge, Ankerposition und Bewegungsradius mit einrechnen. Bei Wind ist das einfacher, da die Boote dann meist mehr oder weniger gerade an der Kette hängen. Bei Flaute kann der Anker irgendwo sein und man hat keine Anhaltspunkte dafür. Daher legten wir uns an den Rand des Ankerfeldes mit genügendem Abstand.
Bereits gestern waren wir kurz an Land, um den kleinen Ort Tarafal zu erkunden. Es gibt nicht viel zu sehen außer sehr netten Leuten auf der Straße und vor den Geschäften. Heute war Avrid mit Thomas beim Einklarieren und Einkaufen auf dem Markt. Klar, dass hier ein lockiger Blondschopf auffällt und überall bewundert wird.
Im Hafen gibt es auch keinen Dinghy-Steg, geschweigedenn eine Marina. Das Dinghy fahren wir an den Sandstrand im Ort und lassen es dort liegen. Sobald wir ankommen sind wir schon von schreienden Kindern und Jugendlichen umzingelt, die sich darum streiten, auf unser Beiboot aufpassen zu dürfen. Gestern flogen in dem Streit sogar Steine. Es gibt wohl nicht so viele Möglichkeiten, hier Geld zu verdienen. Daher sind die Kinder schon froh, von uns 50 Cent für die Bewachung des Bootes zu bekommen. Als wir ihnen das Geld übergaben gab es sogar einen kleinen Luftsprung. Man ist da immer in und her gerissen … eigentlich sollten die Kinder ja in der Schule sein. Sie dafür zu belohnen, dass sie statt dessen am Strand auf Segler-Beiboote aufpassen gibt einem dann schon zu denken. Dann wiederum verdeutlicht ihnen das, dass es sinnvoll ist, sich sein Geld durch ehrliche Arbeit zu verdienen. Wie auch immer, unser Dinghy war bei Rückkunft geputzt und sicher am Strand verstaut.
Morgen geht es auf eine Wanderung ins Inselinnere.