(Tag 108 – 2.469 sm)
Nach über zwei Wochen in Marokko fühlen wir uns hier noch immer sehr wohl. Das Leben ist so anders, als man es von Europa gewohnt ist; Zeit hat eine andere Dimension. Die Menschen sind sehr freundlich und hilfsbereit, und nie hatten wir bisher ein unsicheres Gefühl. Als Tourist wird man zwar immer mal wieder auf irgendwelche tollen Waren im Laden nebenan oder im Restaurant an der Straße aufmerksam gemacht, oder es wird einem eine Führung durch die Stadt angeboten – nach einem entschiedenen „no, mercie“ ist damit aber auch immer Schluss. An das Einkaufen auf dem Markt haben wir uns gewöhnt und es macht sogar viel Spaß.
Nach einigen Tagen in Rabat ging es letzte Woche ca. 400 km südlich entlang der Küste nach Essaouira. Das ist eine nette kleine Stadt, die durch ihren Fischereihafen sowie eine von einer Stadtmauer umgebenen Medina geprägt ist. Wir sind durch Zufall auf die Möglichkeit gestoßen, in der Bucht vor der Stadt zu ankern. Eigentlich hatten wir vor, von Rabat direkt nach Agadir zu segeln. Dies hätte aber 2 Nächte durchsegeln bedeutet. Daher haben wir gerne die Strecke unterteilt und in Essaouira geankert. Nach 1,5 Tagen Segeln fiel um 1 Uhr Nachts der Anker vor dem Hafen der Stadt. Netter Weise haben die dort eine Flutlichtanlage für die Strände ringsum, so dass unser Ankerplatz fast taghell erleuchtet war.
Am Tag kam dann auch prompt der Grenzschutz vorbei. Hier in Marokko muss man sich daran gewöhnen, dass man in jeder Stadt seine Pässe und Schiffspapiere herzeigen muss, teilweise werden die Pässe auch abgestempelt. Das dauert jedes mal bis zu über einer Stunde. Jedes Mal wurden wir aber sehr freundlich und höflich behandelt. Sehr positiv! Nachdem die Kollegen in Essaouira die Daten alle aufgenommen hatten, wurden wir noch darauf hingewiesen, dass wir doch besser in den Hafen fahren sollten. Angeblich sei es vor Anker hier nicht sicher. Das hat uns natürlich etwas ins Grübeln gebracht: Wollen die nur dem Hafen Liegegebühren verschaffen oder sind es wirkliche Sicherheitsbedenken? Wir sind dann erst mal mit dem Dinghy in den Hafen gefahren und haben uns die Lage dort angesehen. Alles voll mit Fischerbooten – hier gibt es auch eine Werft für Fischerboote aus Holz. Es stinkt nach Fisch, Dreck schwimmt im Wasser und der einzige Anlegesteg für uns ist schon mehrfach belegt. Wir entscheiden also, draußen vor Anker zu bleiben.
Die Stadt selbst ist ganz nett, aber in Teilen sehr touristisch. Wenn man wie wir das „real thing“ in Rabat gesehen hat, dann ist eine solche Stadt nicht wirklich interessant. Wir haben also etwas Proviant gekauft und sind wieder zurück an Bord und am Nächsten Tag weiter nach Agadir.
Essaouira ist ja die kälteste und windreichste Stadt Marokkos. Das hat sie uns auch bewiesen. Vor Anker lagen wir mit frischen 30-40 Knoten Wind und ein Pullover war am Abend nicht unangebracht. Auch beim Lichten des Ankers standen 38 Knoten auf dem Windmessern. Toll, da hat sich der Skipper gefreut. Nur leider hat das nicht lange angehalten, so dass wir immer mehr und mehr Segel auspacken mussten bis schließlich der Diesel ran musste. Die Atlantik-Küste von Marokko werden wir als Leicht- bis Kein-Wind-Revier in Erinnerung behalten.
Letzte Station im Land war für uns Agadir. Klar wussten wir vorher, dass dies eine Touristenhochburg ist. Hier machen die Marokkaner selbst Urlaub – zusammen mit ein paar internationalen Gästen. Entsprechend muss man hier auch nach interessanten Orten suchen. Ein paar haben wir gefunden – nicht zuletzt den Wochenmarkt.
Für ein paar Tage haben wir uns dann ein Auto gemietet und haben Marrakesh, den hohen Atlas und Taroudant erkundet. Marrakesh ist ja sehr bekannt und daher auch sehr von Touristen geprägt. Alle hier sind auf die (in ihren Augen) reichen Ausländer eingestellt. Wenn man in Rabat ohne Arabisch oder Französisch gar nicht weiter kam, so kann in Marrakesh wohl jeder mindestens noch Englisch, Deutsch und Russisch. Abgesehen davon ist die Stadt aber wirklich sehenswert. Wir haben direkt in der Medina in einem restaurierten Haus übernachtet und hatten so direkten Zugang zum Stadt-Geschehen. Neben dem arabischen Treiben auf den Straßen und Gassen gibt es auch einige historische Orte zu besichtigen. Unten sind einige Bilder davon.
Südlich von Marrakesh beginnt der Gebirgszug des hohen Atlas mit Bergen von bis zu über 4.000 m. Da sind wir quer durchgefahren, haben Bergdörfer besucht und die wohl einzige für nicht-Muslime zu besichtigende Moschee – da restaurierte Ruine. Die Straße ging abenteuerlich teils unbefestigt in über 2.000 m Höhe. Entlang der Strecke immer wieder Ortschaften, die sich mit ihren rotbraunen Lehmhäusern an die Felsen schmiegen, dann wieder tiefe Täler und schöne Ausblicke bis in die Tiefebene südlich des Atlas. Auch wenn der Tag viel anstrengende Autofahrt für uns bedeutete, so waren die Eindrücke doch sehr belohnend.
In Taroudant, einem kleinen Ort östlich von Agadir, haben wir wiederum in der Medina übernachtet. Dieses mal war das Riad (so heißen die Gästehäuser hier) nicht ganz so authentisch, da von einem ex-Franzosen gebaut und betrieben. Dafür hatte es einen Swimming Pool, den die Kinder genossen, sowie ein leckeres Essen auf der Terrasse. Die Stadt an sich bot ein von Berbern geprägtes Bild mit vollen Plätzen und geschäftigen Straßen. Wir konnten auch die lokale Leder-Gerberei besuchen, was für alle besonders interessant war.
Heute hieß es wieder: Boot vorbereiten auf die Abfahrt. Morgen geht es auf die Kanaren – erster Stopp in Lanzarote.