(Tag 427 – 7.545 sm)
Zum Segeln braucht man Wind. Den hatten wir gestern, sogar mehr als vorhergesagt. Leider kam er an der Küste aus Süd und weiter draußen aus Südost, blies uns also entgegen. Direkt in den Wind segeln geht nicht, auch wenn wir gute Segel haben. Wir kommen unter optimalen Bedingungen bis ca. 40° an den wahren Wind heran, bei Welle wie gestern maximal 50-60°. Das heißt man segelt erst ein Stückchen östlicher vom Wind, wendet dann und segelt wieder westlicher. Das nennen wir Segler Kreuzen und die einzelnen Bewegungen heißen Schläge. Bei drehenden Winden wie gestern bedeutet das aber auch, dass die Schläge immer wieder nach Norden abknicken, man sich also teilweise weiter vom Ziel entfernt. Es ist schon frustrierend, wenn man nach einer Stunde Segeln auf dem Plotter abliest, dass man sich 2 Meilen vom Ziel entfernt hat.
So ging das gestern den ganzen Tag – Schlag nach West, Schlag nach Ost. Anfangs mit Genua, später meist mit Fock, da der Wind stärker wurde und das Wenden mit dem Selbstwendemechanismus leichter ist. Bis 17 Meilen vor der Küste waren wir draußen. Klar, man hätte noch längere Schläge fahren können und damit weniger oft wenden. Aber das hat auch was mit Psychologie zu tun … es ist schön, die Küste im Auge zu haben. Und außerdem hat man immer Angst, dass der Wind nach dem Schlag so dreht, dass man die gewonnene Höhe nicht nutzen kann. Daher wählten wir ehr kürzere Schläge.
Als Resultat wurden aus den 64 Seemeilen auf direktem Weg dann 87 Meilen unter Segel. Und hatten wir für eine ähnliche Strecke bei Halbwind vor ein paar Tagen 10 Stunden benötigt, so brauchten wir gestern 17,5 Stunden. Mit Sonnenaufgang um 6 Uhr ging der Anker auf und bei völliger Dunkelheit liefen wir nach 23 Uhr in den Hafen von Ilhéús ein. Gut, Hafen ist etwas zu viel gesagt. Eigentlich ist es nur eine durch einen Wellenbrecher mehr oder weniger geschützte Bucht. Natalya stand beim Einlaufen vorne am Bug und leuchtete mit dem Scheinwerfer auf Suche nach Hindernissen, Bojen oder Netzen. Zu allem Übel begann es dann auch noch zu regnen, genau von vorne. Wie auch immer, der Anker saß um 23:25 Uhr tief im Sand und wir konnten den anstrengenden, aber erfolgreichen Tag mit einem Anlegebier ausklingen lassen.
Ach ja, und fast hätten wir es vergessen: Auf der Fahrt gab es wieder Wale zu sehen. Zweimal tauchte vor uns ein Wal auf, einmal sahen wir in einiger Entfernung eine Fluke aus dem Wasser schauen. Wir warten aber noch auf einen neugierigen Wal, der einige Zeit in der Nähe des Bootes schwimmt.
Im Bild sieht man übrigens einen Regenbogen, der sich unter blauem Himmel ohne Wolke bildete. Ein Phänomen, welches wir so noch nicht beobachtet haben.