SY Outer Rim – A Family's Sailing Adventure

Sailing across the world's oceans with four kids

Sturm im Hafen von La Restinga

(Tag 151)

Eigentlich wollten wir längst schon auf dem Weg zu den kapverdischen Inseln sein. Jetzt sitzen wir immer noch in La Restinga auf El Hierro. Wie kommt’s? Nun, bei Thomas wurde ein Leistenbruch diagnostiziert, der auch gleich ein paar Tage später im einzigen Krankenhaus der Insel operiert wurde. Jetzt warten wir darauf, dass der Skipper wieder segelfähig ist. Aktuell ist seine physische Belastbarkeit natürlich eingeschränkt.

Es war schon ein kleines Abenteuer für sich, die Behandlung auf dieser doch sehr abgelegenen Insel zu koordinieren. Es fängt schon mal damit an, dass hier kein Mensch (etwas übertrieben) Englisch sprechen kann und will. Mit Wörterbuch bewaffnet und angetrieben durch das durch unser Medizinbuch vermittelte Wissen, dass ein solcher Bruch unbehandelt erhebliche Komplikationen hervorrufen kann, hat sich Thomas auf den Weg gemacht, um einen Arzt zu finden. Den Einheimischen konnten entlockt werden, dass es sowas in La Restinga nicht gibt und man dazu in den Nachbarort 30 Minuten mit dem Bus fahren muss. Dort sieht man sich dann erst mal einer bissigen Sprechstundenhilfe konfrontiert, die einem unmissverständlich klar macht, dass ohne Spanisch hier gar nichts geht – wörtlich: „In Deutschland spricht man Deutsch, in England englisch und hier in Spanien wird Spanisch gesprochen.“ Mit Händen und Füßen wurde die Dringlichkeit der Situation vermittelt und dann die Bord-Diagnose durch einen Arzt bestätigt. Der hat auch gleich für den nächsten Tag einen Termin beim Chirurgen vereinbart. Hier gab es endlich ein paar Menschen, mit denen Thomas auf Englisch kommunizieren konnte. Im Krankenhaus waren wirklich alle sehr engagiert und bemüht zu helfen. Das gipfelte sogar darin, dass die Anästhesistin im Vorfeld des OP-Vorbereitungsgespräches die relevanten Fragen per Google-Translate vorübersetzen ließ und alles fein säuberlich auf einem Blatt Papier notierte. Fünf Tage nach Erstdiagnose war die OP und alles lief reibungslos.

Natürlich konnten wir durch die gesundheitlichen Einschränkungen keine großen Aktionen oder Rundreisen auf El Hierro unternehmen. Am Tag vor der OP sind wir aber noch relativ ausgedehnt in den Kiefernwäldern im Inneren der Insel wandern gegangen. Für den Transport von Arvid war dieses Mal Natalya zuständig – er hat es genossen.

Wie schon im letzten Post geschrieben liegen wir hier im Hafen an der Kaimauer. Das ging auch viele Tage jetzt so gut. Für heute war jedoch Starkwind vorhergesagt – und der kam auch. Der Hafenmeister hat uns bereits am Freitag grünes Licht gegeben, unser Boot mit zwei Ankern von der Mauer freizuhalten. Unser Ziel war, mit Bug- und Heckanker an Backbord sowie mehreren Landleinen an Steuerbord unser Boot ca. 2-3 Meter von der Mauer zu legen. Wir haben ja schon oft geankert, aber noch nie im Hafenbecken auf begrenzten Raum mit einer Mauer in (fast) Griffweite. Folglich hat sich im Vorfeld der Skipper natürlich viel Gedanken über das nötige Manöver, die Leinenführung und mögliche Komplikationen Gedanken gemacht. Eine schlaflose Nacht war das Resultat. Am Samstag Vormittag war es dann soweit: drei befreundete Segler standen bereit, um uns mit den Leinen und dem Manöver zu helfen. Es galt zuerst das Schiff zu drehen und mit einer 80 m langen Leine als Landverbindung zur Ankerstelle zu fahren. Dort wurde der Anker herunter gelassen und soviel Kette gesteckt, dass die Outer Rim wieder längsseits der Mauer kommen konnte. Dann Leinen dicht geholt und weitere Leinen ausgebracht bis wir im gewünschten Abstand zum Liegen kamen. Hat alles wie geplant geklappt. Die letzte Aktion war dann das Ausbringen des Heckankers per Dinghy. So lagen wir dann schön gesichert – dachten wir jedenfalls.

Um 5:20 Uhr heute morgen fing dann das Blasen des Windes an. Die Marina ist nach Westen relativ ungeschützt, und genau von dort kam der Wind. Als wir an Deck kamen, um uns das anzusehen erkannten wir auch, dass uns der Wind schon deutlich Richtung Wand getrieben hat. Klar, die Kettenspannung am Buganker musste dem Winddruck angepasst werden. Damit war dann für einige Zeit Ruhe. Die Windgeschwindigkeit nahm dann im Laufe des Morgens immer mehr zu und es kam noch sehr heftiger Regen dazu. Alles kein Problem, bis dann plötzlich der Heckanker zu rutschen begann. Das Heck hatte keinen Halt mehr und wurde mehr und mehr an die Wand gedrückt. Fender prüfen und verschieben. Dann musste der Anker neu positioniert werden. Nur, so leicht ist das nicht. Das Ding wiegt mit Kette sicher 40-50 kg, die man nicht einfach mal so bei Welle und Wind aus dem Wasser ins Dinghy hebt und rumfährt. Und erst recht nicht, wenn man wenige Tage zuvor operiert wurde und lt. Arzt keine 10 kg heben darf. Wir haben dann die Dirk (eine Hilfs- und Arbeitsleine, die vom Masttop zum Baumende führt) zu Hilfe genommen. Damit wurde der Anker samt Kette soweit aus dem Wasser gehoben, dass Thomas eine Leine darum legen konnte, die mit dem Dinghy verbunden war. Damit ging es dann unter Volldampf mit dem Beiboot rückwärts bis zur gewünschten Liegestelle des Ankers. Dabei hatten die Wellen viel Spaß, ins Boot zu schwappen und Thomas pitschnass zu machen und das Boot volllaufen zu lassen. Nach sicher über einer Stunde harter Arbeit lag der Anker gut am neuen Platz.

Damit war das Drama aber noch nicht beendet. Der Winddruck von Steuerbord war zu hoch, um die Leine zum Heckanker so dicht zu holen, dass die Outer Rim von der Mauer freigehalten wurde. In den vielen Versuchen, dies zu erreichen, passierte es dann, dass wir nicht durch Fender geschützten Kontakt zur Kaimauer hatten. Jetzt zeugt ein fehlendes Stück Holz in der Scheuerleiste davon, dass wir es nicht rechtzeitig geschafft haben, das Schiff zu stabilisieren. Sehr ärgerlich, aber ein materieller Schaden, der wieder behoben werden kann. Um Lehrgeld kommt man leider nicht rum.

Ansonsten haben wir uns hier in der Marina mit den Crews zweier französischer Yachten angefreundet. Eine davon kannten wir flüchtig bereits aus La Gomera – eine Familie mit zwei Kindern. Alle waren gestern Abend bei uns an Bord … insgesamt sechs Kinder und ebenso viele Erwachsene an Bord. Die Kinder haben bis fast 23 Uhr durchgehalten und haben gemalt, gespielt und viel Spaß gehabt. Auch die Erwachsenen fanden es sehr erfrischend, Erfahrungen auszutauschen und Horizonte zu erweitern.

Vermutlich liegen wir noch eine Woche hier und werden, sofern der Wind es zulässt und die Gesundheit es erlaubt, nächstes Wochenende oder Anfang nächster Woche wieder in See stechen. Langsam wird’s dann Zeit …

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Dieser Eintrag wurde veröffentlicht am 19. Oktober 2014 von in Uncategorized.
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