Darauf haben wir jetzt einen Monat gewartet: Die Outer Rim ist aus England exportiert und offiziell an uns übergeben worden. Leider hat das etwas länger gedauert als gedacht. Wir sind jetzt in Guernsey, wo wir eigentlich schon vor einigen Tagen hätten sein wollen. Aber die Abreise hatte sich wegen einiger Probleme am Boot schon im Vorfeld verzögert und dann mussten wir die eigentliche Überfahrt von Southampton nach Guernsey auch noch drei Mal starten, um einmal erfolgreich zu sein … aber der Reihe nach.
Beim Testsegeln im Solent sind ja leider immer wieder ein paar Macken am Schiff zu Tage getreten. Manche kleiner, manche dann doch bedeutender … wie Motorausfall und Elektrikversagen. Darüber hatten wir ja schon geschrieben. War also gut, dass wir uns die Zeit genommen haben, das Schiff in der Nähe der Werft unter verschiedenen Bedingungen zu testen. Auch dass die Familie schon komplett an Bord war, hat geholfen den späteren Alltagsbetrieb zu simulieren. Mit einer immer länger werdenden roten Liste haben wir die Leute von Discovery konfrontiert. Natürlich musste das sukzessive abgearbeitet werden. Das hieß aber leider, dass fast jeden Tag Handwerker an Bord waren, die dann teilweise Bänke und Wände ausbauen musste, um an die Kabel und Elektronikkomponenten zu kommen. An Bord gibt es aber auch keinen ungenutzten Platz, so dass immer wieder Kisten aus den Bänken und Luken genommen werden mussten, damit man daran überhaupt arbeiten konnte. Also stand das Schiff fast ständig irgendwie voll und es wuselten Leute rum. Dazwischen vier Kinder und zwei genervte Eigner, die das Chaos verwalten mussten. Insbesondere Natalya war teilweise nervlich ziemlich angespannt. Letztlich haben wir die Liste aber dann doch noch abgearbeitet bekommen. Es konnte also losgehen nach Guernsey.
Aber unserer Freiheit wurden dann leider noch mehr Steine in den Weg gelegt. Am Montag sollte es losgehen … die Tide legte ein Auslaufen gegen 5 Uhr am Abend nahe. Die letzten Vorbereitungen wurden getroffen. Ein von der Werft gestellter Skipper musste mitkommen, er kam am Nachmittag an Bord. Pünktlich um 17 Uhr haben wir dann auch in Ocean Village in Southampton abgelegt und sind aus der Marina gefahren. Thomas stand am Ruder und wollte dem Skipper beim Einholen der Fender und klarieren der Leinen helfen. Dazu hat man ja einen Autopiloten. Aber dieser wollte einfach nicht gerade aus steuern. War schon komisch, da er ja Tage zuvor auch einwandfrei gesteuert hat. Nach einigem Experimentieren stand fest, dass die Elektronik die Ausrichtung des Schiffes falsch liest. Sie ging also von einer anderen Fahrtrichtung aus als tatsächlich vorlag. Klar, dass dann der Autopilot nicht richtig steuern kann, da er stets versucht hat, diesen Fehler wieder durch Gegenlenken auszugleichen. Also ist Thomas auf Fehlersuche gegangen … Schiff nach magnetischen Teilen in der Nähe des internen Kompasses zu suchen, Autopilot neu zu kalibrieren bis hin zu Austausch der gesamten Kompass-Einheit (gut, dass die Ersatzteilkiste so gefüllt ist). Aber nichts hat geholfen. Der Fehler ist immer größer geworden.
Natalya hatte in dem ganzen Treiben immer mal wieder darauf hingewiesen, dass es in der Vorschiffkabine ungewöhnlich riecht bzw. sogar stinkt. Thomas hat das aber erst mal einige Zeit beiseite geschoben, da der Autopilot erst mal wichtiger erschien. Als er dem Fehler dann nachging und die Fächer unter den Vorschiffkojen öffnete, kam ihm ein beißender Dampf entgegen. Schnell war die Ursache gefunden: Die Batterien des Bugstrahlruders waren am Sieden. Schnell Notschalter betätigt und Batterien vom Netz genommen. Das hat eine weitere Verschlimmerung der Situation erst mal verhindert. Aber es war auch klar, dass wir so nicht 12 Stunden weiter nach Guernsey segeln konnten. Da wir kurz vor Lymington waren, liefen wir dann kurzerhand diesen Hafen an.
Ok, am Nächsten Tag hieß es also wieder Handwerker an Bord. Die Batterien mussten getauscht werden, alle möglichen Komponenten der Bugstrahlruder-Elektrik wurden ersetzt und natürlich sollte der Fehler gefunden werden. Wie sich nach einiger Recherche herausstellte lag es an einer Split-Diode, die den Ladestrom zwischen Service-Batterien und Bugstrahlruder-Batterien verteilen sollte. Es hat aber jemand vergessen, ein System einzubauen, das der Diode oder der Lichtmaschine am Motor sagt, wann die Batterien nicht mehr geladen werden müssen. Daher hat die Lichtmaschine in die bei Abfahrt bereits vollen Batterien munter weiter Ladung geschoben. Dass diese das nicht lange aushalten können war klar. Also musste das System entsprechend umgebaut und neu verdrahtet werden.
Am Nachmittag ging es dann zur Testfahrt raus in den Solent. Es schien alles mit dem Laden zu klappen, auch wenn der Ladevorgang nicht am zentralen Batteriepanel schien. Man sagte mir, dass ist immer so. Gut, wenn das die Spezialisten sagen, wird das schon richtig sein. Der Autopilot wurden irgendwann auch erfolgreich neu kalibriert und funktionierte dann einwandfrei. Damit konnte die Reise als weiter gehen.
Am Dienstagabend – wieder so um 17 Uhr – legten wir in Lymington ab und sind munter Richtung Needles und dann weiter in den englischen Kanal motort. Es gab leider kaum Wind zum Segeln. Eigentlich bedeutet ein laufender Motor auch automatisch ein Aufladen der Batterien über die Lichtmaschine. Da wir wussten, dass wir motoren würden, hatten wir in Lymington die Batterien über Landstrom nicht aufgeladen. Dann ist nach ca. 2,5 Stunden Fahrt die komplette Elektrik an Bord ausgefallen. Wie sich herausstellte lag das an leeren Batterien, die eben nicht über die Lichtmaschine geladen wurden. Irgendwann schaltet dann das Sicherheitssystem der Batterien automatisch auf Notbetrieb. Für so einen Fall hat man aber einen Generator an Bord … kurzerhand wurde dieser angeschaltet und versucht damit die Elektrik wieder zu beleben. Das war aber nicht erfolgreich. Es stellte sich nämlich heraus, dass das Notladegerät nicht direkt am Generator sondern am Inverter angeschlossen war. Der Inverter versagt aber bei leeren Batterien den Betrieb, um die Batterien zu schützen. Doof. Wir sind also wieder umgedreht und mit dem letzten Licht in Lymington eingelaufen.
Needles bei der Hinfahrt:
Needles bei der Rückfahrt:
Mittwoch und Donnerstag hieß es dann, das Problem mit dem Geschäftsführer und Chef-Elektriker zu besprechen und eine Lösung zu finden. Um es kurz zu machen … wir haben auch eine sinnvolle Lösung für das Ladeproblem gefunden. Die Lichtmaschine war natürlich defekt und musste ausgewechselt werden. Und am System wurde einiges neu verschaltet, so dass es jetzt der Generator schafft, die Batterien und das Gesamtsystem neu zu starten und zu laden.
Derweil hat auch Findus (Stofftier von Franka) sich wegen starker Übelkeit über die Rehling hängen müssen:
Versammelte Mannschaft unmittelbar vor dem Ablegen in Lymington:
Zum dritten Mal hieß es dann am Donnerstagabend: Leinen los und auf nach Guernsey. Bei perfektem Wetter und super Wind ging es dieses Mal unter Segel Richtung Süden. Selbst im 2. Reff in Groß und Genua liefen wir teilweise mit über 9 Knoten den Kanalinseln entgegen. In der Nacht schien der Halbmond friedlich über die leichten Wellen. Im Norden war fast immer ein leichtes Leuchten zu erkennen … es war ja auch die kürzeste Nacht des Jahres. Etwas früher als geplant waren wir auf der Höhe von Alderney, wo eine Engstelle die jeweils herrschende Tide stark verstärkt. Es stand noch Strom gegenan, der uns eine Zeit lang deutlich abgebremst hat. Frühmorgens segelten wir mit immer noch guten Wind an Sark und Herm vorbei durch den großen Russell. Vsevolod fand das auch schon so spannend, dass er bereits um 6 Uhr an Deck war, um das ganze mitzuverfolgen. Schrittweise kamen dann immer mehr aus ihren Kojen bis dann beim Einlaufen in St. Peter Port alle im Cockpit mit großer Freude St. Peter Port begrüßten. Für eine Nacht liegen wir hier in der Marina, bis es dann zu weiteren Abenteuern an Ankerplätzen in der Gegend weiter geht.
Needles die Dritte (und letzte):
Sonnenaufgang nach 9 Stunden Nachtfahrt:
Unser heutiger Liegeplatz in St. Peter Port: